Brüssel überstimmt Scholz: Zoll-Hammer kommt! Was das für die Preise von China-E-Autos bedeutet
Gegen das Machtwort von Bundeskanzler Scholz hat Brüssel für Strafzölle auf in China gebaute Elektroautos gestimmt. FOCUS online zeigt, was das für die Preise heißt und warum keineswegs nur chinesische Hersteller betroffen sind.
Kino-Fans erinnern sich vielleicht an die berühmte Filmszene aus dem Streifen „Crocodile Dundee“, als Paul Hogan in seiner Rolle als australischer Hinterwäldler in New York von ein paar Ganoven mit einem Messer bedroht wird. „Das ist doch kein Messer, sagt Dundee, “ das ist ein Messer” – und er zieht eine gewaltige Machete aus der Tasche. Geschockt suchen die Räuber das Weite.
Die EU geht mit einem Messer zur Schießerei
Geht es um die Wirtschaftskraft und das Potenzial der Automobilindustrie, hat China im Vergleich zur EU derzeit nicht nur das größere Messer – eigentlich geht Brüssel eher mit einem Messer zur Schießerei. Chinas Autoindustrie ist zum absoluten Machtfaktor geworden und will Europa mit seinen Fahrzeugen überschwemmen. Und im Gegensatz zu früher lassen sie sich diesmal auch nicht von Rückschlägen entmutigen . Die EU will nun mit Strafzöllen speziell auf batteriebetriebene Fahrzeuge gegensteuern – und hat diese heute beschlossen , übrigens gegen den ausdrücklichen Wunsch von Deutschland. Bundeskanzler Scholz hatte auf ein deutsches „Nein“ zu den Zöllen bei der Abstimmung gepocht. Die chinesische Presse erwähnt Scholz’ Engagement heute lobend und weist gleichzeitig darauf hin, dass nun wohl der Beginn eines neuen Handelskrieges ins Haus steht.
China wird sich für Zoll-Hammer rächen
Brüssel schwingt den Zoll-Hammer gegen den Willen der meisten Autohersteller und auch gegen den Rat vieler Experten. Jochen Siebert von JPW Asia etwa sagte im April zu FOCUS online: „Sollte China seinerseits mit Zöllen oder ähnlichen Maßnahmen regieren, würde das nicht zuletzt die deutschen Hersteller hart treffen. Denn sie importieren viele, mehr als 100.000 Euro teure und damit hochprofitable Fahrzeuge nach China wie den 7er BMW, Rolls-Royce oder Maybach. Auch bei kleineren Modellen wie dem 5er BMW werden die Top-Modelle nicht immer in China gefertigt. Porsche hat gar keine Produktion vor Ort, würde also von Zöllen voll getroffen.”
Welche China-Autos werden jetzt teurer?
Die Sonderzölle könnten schon ab November in Kraft treten, falls die Diktatur in Peking sie nicht noch mit einem eher unwahrscheinlichen Last-Minute-Zugeständnis abwendet. Betroffen sind nicht nur chinesische Autos, sondern eben auch alle anderen Marken, die in China produzieren und dann nach Europa importieren; Smart und Mini zum Beispiel. Doch was bedeuten die neuen Extra-Zölle – 10 Prozent Einfuhrzoll wurde auch bislang schon erhoben – für die konkreten Preise?
- Für den Massenhersteller BYD zunehmend auch in Europa aktiv, wurde der Strafzoll nach Verhandlungen von 17,7 auf 17,0 Prozent festgesetzt. Bei Geely von 19,9 auf 18,8 Prozent und bei SAIC von 37,6 auf 35,3 Prozent. Das betrifft auch die China-Marke MG die zum SAIC-Konzern gehört.
- Alle anderen Autobauer, die in China produzieren, müssen künftig mindestens 21,3 Prozent Ausgleichszoll auf ihre Importe in die EU zahlen.
- Tesla kommt mit 7,8 Prozent glimpflicher davon weil die Amerikaner in China in einer Freihandelszone, aber ohne Joint-Venture mit einem China-Partner ihre Stromer bauen und daher laut Brüssel weniger staatliche Subventionen erhalten.
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MG am stärksten von Zöllen betroffen
Die Zölle wirken sich natürlich auf den Verkaufspreis der Modelle in Deutschland aus. MG beispielsweise hat sich gerade in Deutschland in den vergangenen Jahren zu einer der erfolgreichsten China-Marken emporgearbeitet. Das kompakte Elektromodell MG4, ein direkter Wettbewerber von VW ID3 oder Cupra Born, würde sich durch entsprechende Strafzölle deutlich verteuern, da MG zum chinesischen SAIC-Konzern gehört.
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Der MG4 kostet laut EFAHRER.com derzeit knapp 35.000 Euro . Würden die Chinesen die Strafzölle direkt weiterleiten, stiege der Preis auf rund 47.000 Euro. Damit wäre der Wagen nicht mehr konkurrenzfähig, zumal VW gerade in der Krise die Preise für den elektrischen ID3 stark gesenkt hat .
Auch Tesla, VW, Mini und Smart werden teurer
Auch Marken wie Tesla, Volkswagen , BMW oder Mercedes-Benz fertigen seit Jahren Fahrzeuge in China und einige der Modelle werden nach Europa eingeführt. Besonders die eigentlich dringend benötigten elektrischen Kleinwagen werden nun wohl einen satten Preisaufschlag bekommen.
- Geely produziert zum Beispiel nicht nur die Modelle von Lotus, die speziell gegen die deutsche Konkurrenz von Porsche Taycan oder Audi Etron GT positioniert sind, in China. Der Großkonzern fertig als Kooperationspartner von Mercedes dort auch die Smart-Modelle #1 und #3 . Schon jetzt sind die Smarts zwar durchaus überzeugende E-Autos, aber auch ziemlich teuer für das, was sie bieten. Mit Strafzöllen dürften sie für viele Käufer kein Thema mehr sein.
- Die Volkswagen-Konzernmarke Cupra produziert seinen elektrischen Mittelklasse-Crossover Tavascan im chinesischen Anhui und verschifft diesen via Shanghai nach Europa.
- Mini (als BMW-Tochter) lässt seinen elektrischen Cooper im Joint Venture mit Great Wall Motors (Spotlight Automotive Ltd.) fertigen. Auch der Mini ist in Deutschland so teuer, dass er weitere Preiserhöhungen nicht gut verkraften würde.
BMW-Chef spricht sich klar gegen Zölle aus
Die Bayern wurden immerhin in den Kreis den kooperierenden Unternehmen aufgenommen, wodurch die Zölle etwas sinken. Trotzdem ist die Mini-Mutter BMW auf der Zinne. „Die Einführung zusätzlicher Importzölle führt in eine Sackgasse. Sie stärkt nicht die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Hersteller“, sagte Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzende der BMW AG, bereits im Juni 2024. „Im Gegenteil: Sie schadet vielmehr dem Geschäftsmodell global agierender Unternehmen, schränkt das Angebot von E-Autos für europäische Kunden ein und kann damit sogar die Dekarbonisierung im Verkehrssektor verlangsamen. Solche Maßnahmen sind ein schwerer Eingriff in das auch von der EU propagierte Prinzip des freien Handels”, so Zipse weiter.
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VW hat ein spezielles Zoll-Problem
Der Volkswagen-Konzern muss sogar mit unterschiedlichen Strafzöllen jonglieren, da die Wolfsburger mit SAIC, FAW und JAC drei unterschiedliche Joint-Venture-Partner haben. Für Tesla, die in Shanghai ebenfalls Modelle wie das Model 3 und Model Y fertigen, gibt es nach den jüngsten Verhandlungen eine Sonderregelung. Die meisten seiner europäischen Fahrzeuge fertigt Tesla jedoch ohnehin in Grünheide bei Berlin.
Bereits die Ankündigungen, dass es Strafzölle für Autos aus China in Europa geben könnte, zeigen erste Auswirkungen. Die jüngsten chinesischen Einfuhrzahlen im Juli sanken, was aber nicht zuletzt an der Kaufzurückhaltung bei Elektroautos gelegen haben dürfte, die erst im September wieder langsam nachgelassen hat. Dass einige Marken und deren Importeure versucht haben, die Einfuhr auf die Zeit vor dem 5. Juli vorzuziehen, um die ehemals angedrohten rückwirkenden Zölle zu umgehen, dürfte sich zumindest leicht bemerkbar gemacht haben.
China-Verbrenner könnten profitieren
Die Strafzölle könnten übrigens einen Nebeneffekt haben, den man in Brüssel offenbar übersehen hat. Entgegen der meisten Medienberichte bieten die China-Hersteller nämlich keineswegs nur E-Autos an, . Da es in China im Gegensatz zur EU kein Verbrenner-Verbot ab 2035 gibt, entwickeln die Hersteller dort weiter neue Verbrenner- und Hybridantriebe. MG, Chery und künftig auch Newcomer Changan werden mit Elektro- und Hybridmodellen flexibel sein und können auf wachsende oder fallende E-Auto-Nachfrage jederzeit reagieren – bei den Verbrennern dann auch ohne Extra-Zölle.