HomeNachrichtUS-Militärgericht in Spangdahlem: Freispruch für den Angeklagten

US-Militärgericht in Spangdahlem: Freispruch für den Angeklagten

Im Fall der tödlichen Messerattacke in Wittlich ist soeben das Urteil verkündet worden. Die Geschworenen halten den Angeklagten für nicht schuldig.

Die Geschworenen haben gegen Mittag auf der Spangdahlem Air Base ihre Beratungen beendet. Anschließend teilten sie mit, dass der angeklagte US-Soldat in allen drei Punkten freigesprochen wurde. Die Anklagepunkte bezogen sich auf die Tötung eines 28-Jährigen auf der Säubrennerkirmes 2023 in Wittlich, auf schwere Körperverletzung sowie auf Behinderung der Justiz. Damit steht nun nach rund zwei Wochen Verhandlungsdauer das Urteil fest.

Angehörige reagieren emotional auf das Urteil

Eine Begründung für dieses Urteil mussten die Geschworenen nicht nennen und sie wurden auch von der US-Militär-Richterin angehalten, nicht über ihre Beratungen zu sprechen. Der Angeklagte US-Soldat nahm den Freispruch reglos auf. Seine Familie brach in Tränen aus. Auch die Familie des Opfers war im Gerichtssaal. Ein Bruder verließ diesen sofort, als es hieß: “Not guilty”.

Die Richterin hatte bereits am Mittwoch im Prozess um den Messerangriff in Wittlich angekündigt, dass bald ein Urteil gefällt würde. Die Geschworenen berieten anschließend unter Ausschluss der Öffentlichkeit bis heute darüber, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig ist. Über das Strafmaß hat letztlich das US-Militärgericht zu entscheiden.

Staatsanwaltschaft plädierte auf schuldig

Für die Staatsanwaltschaft war der Fall eigentlich am Mittwoch schon klar: In ihrem Schlussplädoyer hielt die Anklägerin den US-Soldaten für schuldig, 2023 auf der Säubrennerkirmes einen 28-jährigen Wittlicher erstochen zu haben. Er habe den Mann von hinten erstochen, als dieser mit einem anderen US-Soldaten kämpfte.

Spangdahlem

Auf der US-Air Base Spandgahlem beginnt am Montag ein Militärprozess um die tödlichen Messerstiche auf der Säubrennerkirmes in Wittlich 2023.

US-Soldat vor Militärgericht in Spangdahlem
Messerattacke in Wittlich: Angeklagter plädiert auf unschuldig

Ein US-Soldat der Air Base Spangdahlem muss sich wegen einer tödlichen Messerstecherei auf der Säubrennerkirmes 2023 ab Montag vor einem Militärgericht in Spangdahlem verantworten.

Mo.30.9.2024
18:00 Uhr

SWR Aktuell Rheinland-Pfalz

SWR RP

Dies sei die “einzig logische Erklärung in diesem Fall”, so die Staatsanwältin wörtlich. Denn der Angeklagte sei der Einzige gewesen, der in dieser Nacht ein Messer dabei hatte. Mehrere Zeugen hätten ihn mit der Waffe gesehen.

Die Staatsanwaltschaft kann das Urteil nicht mehr anfechten. Davon geht der Trierer Strafrechtsexperte Ron-Jo Koenen aus. Gegenüber dem SWR sagte Koenen, dass “die Ergreifung weiterer Rechtsmittel im Strafprozesssystem der USA klassisch in erster Linie für einen etwaigen Verurteilten konzipiert ist.” Einem Gericht bleibe am Ende nur die Möglichkeit, Strafen zu senken oder aufzuheben.

Unklar sei allerdings, ob der Anklage nicht der Weg offenbleibe, gegen Urteile mit so genanntem ungewünschtem Ausgang vorzugehen.

Verteidigung plädierte auf Freispruch

Nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft war am Mittwoch die Verteidigung an der Reihe. Für den Anwalt des Angeklagten gab es erhebliche Zweifel an der Schuld seines Mandanten. Er plädierte auf Freispruch. Er appellierte an die Geschworenen, im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden.

Es gebe keine Beweise dafür, dass der amerikanische Soldat der Täter sei. Nach Ansicht des Verteidigers Grover Baxley deuteten die Beweise auf den Freund des Angeklagten hin, der in der Tatnacht mit ihm unterwegs war. “Die Staatsanwaltschaft klagt den falschen Mann an”, sagte Baxley in seinem Plädoyer.

Zeugen machten widersprüchliche Aussagen

Nachgewiesen worden sei nur, dass die beiden amerikanischen Soldaten am Tatort waren und beide am Ende der Nacht mit dem Blut des Opfers befleckt waren. Wer zugestochen hat, habe die Anklage nicht beweisen können, so der Verteidiger.

Prozessauftakt am Militärgericht der Airbase Spangdahlem

In diesem Gerichtsgebäude auf dem Flugplatz Spangdahlem wird seit Anfang voriger Woche über den Messerangriff in Wittlich verhandelt.

SWR

Tatsächlich gab es nur einen Zeugen, der den eigentlichen Messerangriff beobachtet hat. Und er sagte aus, dass es nicht der Angeklagte war, der zustach – sondern sein Freund. Wie zuverlässig die Zeugenaussagen aus jener Nacht sind, blieb allerdings fraglich. Denn die meisten Zeugen waren zur Tatzeit betrunken und sie machten zum Teil widersprüchliche Angaben.

Geschworene entscheiden über Schuld des Angeklagten

Anschließend war es die Aufgabe der Geschworenen zu entscheiden, wer die glaubhaftere Version der Tatnacht präsentiert hatte. Nach den Plädoyers zogen sich die Geschworenen zurück, um über die Schuld bzw. Unschuld des Angeklagten zu befinden.

Warum wurde vor einem US-Militärgericht verhandelt?

Kurz nach den tödlichen Messerstichen in Wittlich wurde der Fall an die US-Ermittler übergeben, weil es sich bei den Tatverdächtigen um Militärangehörige aus Spangdahlem handelt. Das entspricht dem NATO-Truppenstatut. Das Statut wurde 1951 zwischen den NATO-Mitgliedsstaaten beschlossen. Es regelt den Aufenthalt von NATO-Streitkräften und ihren Angehörigen auf dem Gebiet anderer NATO-Staaten.

Demnach hat der Aufnahmestaat das Vorrecht, einen Prozess gegen ausländische Militärangehörige zu führen, die sich strafbar gemacht haben. Nach einer deutschen Sonderregelung verzichtet die Bundesrepublik Deutschland aber in der Regel darauf, sodass diese Verfahren regelmäßig an die US-Behörden zur weiteren Strafverfolgung abgegeben werden.

Ausnahmen sind Fälle, in denen den straffällig gewordenen ausländischen Soldaten in ihrem Heimatland die Todesstrafe drohen würde. Das ist im Fall der Messerattacke auf der Säubrennerkirmes nach Einschätzung von Juristen nicht der Fall. Deshalb stand der angeklagte US-Soldat vor dem Militärgericht auf der Spangdahlem Air Base.

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