„Elon-Effekt“ überschätzt: Warum gebrauchte Teslas wirklich an Wert verlieren
Dienstag, 04.02.2025, 14:39
Tesla war einst die Kultmarke einer linken Oberschicht in den USA. Seitdem Elon Musk politisch aktiv ist, hat sich das geändert und drückt die Verkaufszahlen. Doch Restwert-Experten sehen auch andere Gründe – und einen Absturz bei allen Elektro-Marken.
Elektro-Pionier Tesla ist mit schlechten Verkaufszahlen ins neue Jahr gestartet. Dabei traf es auch einstige Bastionen der Marke. Ausgerechnet im wichtigsten US-Markt Kalifornien fiel der Absatz 2024 um 12 Prozent. Marktbeobachter machen dafür zumindest zum Teil Elon Musks Mitarbeit in der Regierung von US-Präsident Donald Trump verantwortlich. „Ich schätze, dass zwischen 10 und 30 Prozent der Tesla-Käufer mit der politischen Richtung von Musk nichts zu tun haben wollen und künftig was anderes kaufen werden. Tesla-Fahrer sind eher progressiver und technikaffin“, so der bekannte Autoanalyst Jürgen Pieper. Tatsächlich galt es in der linken und ökologisch angehauchten Oberschicht Kaliforniens lange als hip, einen Tesla zu fahren.
Auch in Deutschland gibt es Tesla-Fahrer, die sich von der Marke trennen möchten oder jetzt zumindest ein Problem mit ihr haben. Die Autohandelsplattform Autoscout24 hat in einer Auswertung für die Wirtschaftswoche überdurchschnittlich hohe Wertverluste bei gebrauchten Tesla-Fahrzeugen registriert. Das liegt den Experten zufolge auch an einem „Elon-Effekt“: Weil sich die Neuwagen des Herstellers bei politisch anders gepolten E-Auto-Fahrern schlechter verkaufen, werden sie mit hohen Rabatten in den Markt gedrückt, was auch bei Gebrauchtfahrzeugen preissenkend wirkt.
„Elon-Effekt“ für Tesla auch in Deutschland spürbar
Zwar gebe es eine allgemeine Nachfrageschwäche bei Elektroautos, so Autoscout24-Vertriebschef Stefan Schneck. Ein weiterer Grund für die laut Schneck „enormen Preisverluste“ sei aber das, „was wir den Elon-Effekt nennen“ – so verlieren Tesla-Fahrzeuge zuletzt schneller an Wert als der durchschnittliche gebrauchte Stromer.
Doch ein genauer Blick auf die Daten und das Marktumfeld offenbart, dass Teslas Probleme keineswegs größer sind als die von BMW, Audi oder VW. Restwert-Analyst Dieter Fess von Bähr & Fess Forecasts erklärt gegenüber FOCUS online, wie der Wertverlust bei Tesla einzuordnen ist: „Die Restwerte von gebrauchten Elektrofahrzeugen befinden sich aktuell auf einem sehr niedrigen Niveau, wodurch die Situation der Vorjahre nochmals übertroffen wird. Eine Ausnahme bildete ursprünglich Tesla mit dem Model 3 und dem Model Y. Die beiden Fahrzeuge hatten in den Jahren 2021 und 2022 sehr hohe Restwerte bei im Vergleich zu heute deutlich höheren Listenpreisen. Dies änderte sich, als Tesla noch vor anderen Herstellern seine Listenpreise im fünfstelligen Bereich nach unten korrigierte und somit aus taktischen Gründen der Konkurrenz zuvor kam. Zwar zogen viele Hersteller bei Ihren elektrischen Fahrzeugen nach, jedoch insgesamt mit deutlich geringeren Senkungen“, so Fess.
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Restwert-Experte erklärt den Wertverlust bei Tesla
Durch eine Reduzierung der Listenpreise bei Neuwagen werden junge Gebrauchte weniger attraktiv. Dadurch folgt dann auch bei Ihnen eine Preisreduzierung. Bei den Tesla-Modellen war dieser Effekt überdurchschnittlich ausgeprägt, so Fess. Zusätzlich leiden sie wie alle anderen Konkurrenzfahrzeuge auch unter der schwachen Nachfrage nach gebrauchten Elektrofahrzeugen. „Dieser Umstand wird sich im laufenden Jahr noch verschärfen. Die Hersteller sind aufgrund der seit Januar verschärften Flottengrenzwerte gezwungen, unabhängig von der Nachfrage deutlich mehr Elektrofahrzeuge in den Markt zu drücken, um Strafzahlungen zu vermeiden, was sich wiederum negativ auf die Gebrauchtwagenpreise auswirkt. Der überdurchschnittliche Wertverfall der Tesla-Fahrzeuge wird sich nicht wiederholen, da die Listenpreise bereits auf einem niedrigen Niveau liegen, teilweise deutlich unter denen der Konkurrenz“, so Dieter Fess.
Mercedes und Co. mit gigantischem Wertverlust-Problem
Tatsächlich leiden gerade die deutschen Premium-Hersteller enorm unter dem Wertverlust ihrer Stromer und müssen Milliarden abschreiben, weil eine jahrzehntelange Sicherheit wegfällt: Teure Audis, BMWs oder Daimlers wurden meist als Dienstwagen verleast und erfreuten sich dann auch dem Gebrauchtwagenmarkt einer hohen Nachfrage und Wertstabilität über Jahre bis Jahrzehnte. Bei den Elektroautos funktioniert das aber so noch nicht, selbst Modelle wie der Mercedes EQS oder der Porsche Taycan stürzen im Wert bedenklich ab .
Ansturm auf neues Tesla Model Y in China
Übersehen wird bei den Untergangs-Szenarien für Tesla zudem ein wichtiger Aspekt:
- Die Verkäufe der Marke waren zuletzt auch deshalb schlecht, weil alle Modelle schlicht „alt“ geworden sind, auch optisch. Das ändert sich nun mit dem runderneuerten Model Y.Wie EFAHRER.com berichtet, verzeichnet China etwa in China bereits einen riesigen Ansturm auf das neue Modell. 70.000 Bestellungen habe es fünf Tage nach der Markteinführung bereits gegeben. Tesla baut in Shanghai Fahrzeuge für den chinesischen Markt. Die Amerikaner blieben zwar auch nicht ungeschoren vom Siegeszug chinesischer Elektroauto-Hersteller. Doch im Vergleich zu den deutschen Herstellern VW, BMW oder Audi steht Tesla noch ganz gut da mit rund sechs Prozent Marktanteil am E-Auto-Segment (BYD liegt mit über 30 Prozent an der Spitze).
- Noch in diesem Jahr soll zudem ein komplett neues Modell auf den Markt kommen, das Tesla Model Q. Wie die „Auto Motor & Sport“ berichtet, soll der Wagen noch im ersten Halbjahr starten. „Der Preis für das neue Elektroauto soll weniger als 30.000 US-Dollar (umgerechnet etwa 28.500 Euro) betragen. Möglicherweise könne es sogar weniger als 25.000 US-Dollar (umgerechnet etwa 23.700 Euro) kosten“, so die Zeitschrift. Das knapp vier Meter lange SUV soll laut Analysten etwa 50 Prozent günstiger zu produzieren sein als das Model 3. Als Reichweite werden je nach Akku bis zu 500 Kilometer angenommen.
Es lässt sich also durchaus festhalten, dass der „Elon-Effekt“ einige Kunden der Marke vergrault hat. Doch wie es am Jahresende aussieht, lässt sich mit den neuen Modellen noch nicht sagen – und verglichen mit den Problemen, die die deutschen Autobauer gerade in China und wegen der US-Zollpolitik womöglich bald auch in den USA haben, kann Tesla noch relativ entspannt sein.