Bei einem Schusswechsel in den USA wurde Ende Januar ein Freiburger getötet. Die Ermittler fanden Verbindungen zu einer sektenähnlichen Gruppe, die in mindestens vier Morde verstrickt sein soll.
Während eines Schusswechsels an der US-amerikanischen Grenze zu Kanada wurde Ende Januar ein 28-jähriger Mann aus Freiburg und ein Grenzbeamter getötet. Eine 21-jährige Frau, die mit ihm im Auto saß, soll das Feuer eröffnet haben. Nach den tödlichen Schüssen fand man Waffen und Kampfausrüstung in ihrem Wagen.
Hinter dem Fall steckt aber noch weitaus mehr. In den vergangenen Wochen fanden US-Medien mithilfe von Polizeiberichten und Gerichtsdokumenten heraus, dass die beiden jungen Menschen einer sektenähnlichen Gruppe mit dem Namen “Zizians” angehört haben sollen. Außerdem legten die Ermittlungen offen, das einige Mitglieder dieser Gruppe in mindestens vier Todesfälle in mehreren US-Bundesstaaten verstrickt sind.
Person aus Freiburg lebte in den USA
Über den 28-Jährigen, der sich selbst Ophelia nannte, wissen wir bislang nur, dass er im Raum Freiburg aufgewachsen ist. Anfangs war in amerikanischen Medienberichten von einem Mann die Rede. Doch wie amerikanische Gerichtsdokumente zeigen, habe sich der 28-Jährige selbst einen weiblichen Namen gegeben. Er soll laut deutschen und amerikanischen Medienberichten in Kanada studiert haben. Die vergangenen Jahre soll er in New York verbracht und als Informatiker gearbeitet haben. Wann er sich den “Zizians” angeschlossen hat, ist bislang nicht bekannt. Wie der amerikanische Fernsehsender NBC News berichtete, soll er im November 2023 alle Kontakte zu seinen Freunden in New York abgebrochen haben. Die Staatsanwaltschaft Freiburg teilte auf Nachfrage des SWR mit, dass sie weiterhin Informationen zur Person aus Freiburg sammelt.
Die 21-jährige Frau, die den Schusswechsel gegen die Polizei an der Grenze zu Kanada offenbar begonnen hatte, wurde verhaftet. Sie sitzt in Untersuchungshaft. Aus wessen Waffe der Schuss kam, der den Grenzbeamten getötet hat, ist noch offen, so amerikanische Medien.
Munition und Kampfausrüstung im Auto gefunden
Etwa zwei Stunden vor der Schießerei an der Grenze zu Kanada sollen verdeckte Ermittler beobachtet haben, wie der 28-Jährige in einem Supermarkt Alufolie gekauft haben soll. Das geht aus amerikanischen Medienberichten hervor.
Später habe man im Auto laut FBI ein in Alufolie eingewickeltes Handy, einen Helm, eine Nachtsichtgerät, Gasmaske und Munition gefunden. Die Behörden fanden laut Medienberichten auch ein Paket mit Zielscheiben wie von einem Schießstand. Darunter waren einige bereits benutzte. Außerdem wurden Funkgeräte, Reiseinformationen für Hotels und Motels in mehrere Staaten und offenbar ein Tagebuch entdeckt.
“Zizians” sektenähnliche Splittergruppe mit Ursprüngen in Berkley
Der Schusswechsel an der Grenze zu Kanada rückte die “Zizians” in den Fokus der Öffentlichkeit. So sind die US-amerikanischen Medien diese Woche voll mit Fotos von einigen Mitgliedern. Sie alle zeigen junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. Die Gruppe eint gemeinsame Interessen rund um Transgender-Themen, die Gefahr von Künstlicher Intelligenz und Veganismus. Der Ursprung der Gruppe soll im kalifornischen Berkeley liegen.
Anführer “Ziz” befindet sich in den USA in Haft
Gegen einige Mitglieder der “Zizians” werden schwere Vorwürfe erhoben. So sollen sie den laufenden Ermittlungen zufolge mit mehreren Tötungsdelikten in Verbindung stehen. Darunter ein Vermieter und ein Ehepaar. Kopf der Gruppe soll Ziz sein, eine Person, die sich als weiblich identifiziert. Sie gilt als Anführerin der Gruppe und befindet sich seit dem 16. Februar 2025 in Haft.
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete am Donnerstag ausführlich über die sektenähnliche Gruppe und bezog sich auf amerikanische Medien. So wurde die vermeintliche Anführerin Ziz 2019 bei einem Protest mit drei Anhängern vorübergehend festgenommen. Was in den folgenden Jahren geschieht, fasst NBC News so zusammen: “Dann lief alles aus dem Ruder.” So vermuten Ermittler, dass Ziz mit einer Todesanzeige im September 2022 versuchte, ihren Tod vorzutäuschen.
Wenige Monate später greifen drei Menschen im Bundesstaat Kalifornien übereinstimmenden Medienberichten zufolge einen Vermieter an. Er wehrte sich und erschießt eine der Angreiferinnen – eine Frau, die 2019 mit Ziz festgenommen worden war. Zwei weitere Personen werden angeklagt. Darunter eine frühere Mitstreiterin von Ziz.
Ehepaar wird in Pennsylvania erschossen
An Silvester 2023 wird Medienberichten zufolge ein Ehepaar in seinem Zuhause nahe der Stadt Philadelphia erschossen. Schnell gerät deren Tochter ins Visier der Ermittler. Doch die Ermittlungen der Polizei führen zu einem Mann. Als sie ihn in einem Hotelzimmer festnimmt, ist auch Ziz da. Sie wird erneut festgenommen und verbringt mehrere Monate in Haft. Doch es kommt zu keiner Anklage – gegen keinen der beiden.
Ermittler entdecken Verbindungen zu “Zizans” Mitgliedern
Nur wenige Tage vor dem Vorfall nahe der kanadischen Grenze wird derselbe kalifornische Vermieter getötet. Er hätte NBC News zufolge im April 2025 im Prozess gegen die noch inhaftierten Angreifer aussagen sollen. Angeklagt wird ein junger Mann wegen mutmaßlichen Mordes. Der mutmaßliche Täter hat laut Medienberichten eine Verbindung zu der 21-Jährigen, die wenig später nahe der Grenze die Waffe zieht.
Kreis zum Schusswechsel an kanadischer Grenze schließt sich
Langsam setzt sich für Ermittler und somit auch für US-Medien aus den Puzzleteilen ein Bild zusammen. Am vergangenen Wochenende wird Ziz im Bundesstaat Maryland von der Polizei festgenommen. Verhaftet wird ebenso der Mann, mit dem Ziz einst in einem Hotelzimmer angetroffen wurde. Und schließlich die Frau, deren Eltern in Pennsylvania getötet wurden. Laut den Ermittlern spielte sie eine Rolle beim Kauf der Waffen, die nahe der US-amerikanischen Grenze zu Kanada benutzt worden waren.
Wie tief die Verstrickung der drei in die Verbrechen reicht, ob es übergeordnete ideologische Ziele gab oder es sich um eine Eskalation ohne klare Richtung handelte, ist derzeit allerdings noch unklar.
Warum benutzen wir das Pronomen “Er”?
Obwohl sich der 28-Jährige einigen Medienberichten zufolge selbst den weiblichen Namen Ophelia gegeben haben soll, konnten wir bei unserer Recherche keine Hinweise auf die Geschlechtsidentität der Person finden. Aus diesem Grund sprechen wir in dem Artikel zunächst auch weiterhin von einer männlichen Person.