Herne. Die HCR hat in Herne Preisstufen gestrichen. Wie teuer die Tickets nun sind, was sich sonst ändert und warum es Kritik gibt.
Einige Kundinnen und Kunden der HCR werden es bereits bemerkt haben: Das kommunale Verkehrsunternehmen hat im Zuge der großen Tarifreform des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) seit dem 1. März den Tarifdschungel gelichtet. Bei ÖPNV-Experten stoßen nicht alle Punkte dieser Reform auf Zustimmung.
Durch die Umstellung sei die Zahl der Preisstufen von bisher sieben auf drei Preisstufen reduziert worden, erklärt die HCR in einer Pressemitteilung. Eine Reihe wenig genutzter Tickets sei weggefallen. Und: Im gesamten Monat März werde eine besondere Aktion für bargeldlos gekaufte Einzeltickets der Preisstufe A im Bus angeboten.
Ticket 1000 und das 48-Stunden-Ticket wurden gestrichen
Für Stammkundinnen und -kunden würden ab 1. März beispielsweise das Ticket 1000, Young Ticket Plus und das Bärenticket nicht mehr verfügbar sein. Hintergrund: Im Abonnement-Bereich seien 95 Prozent der HCR-Kunden zum Deutschlandticket oder einer Variante dieses Tickets gewechselt. Bei den Gelegenheitstickets entfielen unter anderem das 48-StundenTicket, das Happy-Hour-Ticket und das 10er-Ticket, heißt es weiter.
Der Herner Busbahnhof. Im März bietet die HCR eine Aktion für bargeldlos gekaufte Einzeltickets an.
© FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski
Die neuen Preisstufen bestünden aus der Preisstufe A für Fahrten innerhalb einer Stadt (3,60 Euro), Preisstufe B für Fahrten bis in die Nachbarstadt bzw. ins direkte Umland (7,40 Euro) und die neue Preisstufe C für die VRR-weite Gültigkeit (18,90 Euro). Nicht mehr verfügbar seien dann die Kurzstrecke und die alte Preisstufe C für mittlere Reiseweiten.
Preisstopp bei neuem Eezy-Ticket
Insbesondere für Kundinnen und Kunden, die bislang häufig mit der Kurzstrecke bis zu drei Haltestellen gefahren seien, empfehle sich alternativ der komfortable und flexible Tarif Eezy.nrw. In der HCR-App könnten sie an Start- und Zielhaltestelle ein- und auschecken; der Fahrpreis werde anhand der kürzesten Entfernung zwischen Start und Ziel ermittelt. 90 Prozent aller Fahrten mit Eezy.nrw seien günstiger als die klassische Preisstufe A. „Wer bisher die Kurzstrecke genutzt hat, bezahlt mit dem eezy-Tarif also für gewöhnlich nicht mehr als zuvor mit der Kurzstrecke“, erklärt die HCR. Zusätzlich gebe es bei Eezy.nrw einen monatlichen Preisstopp: Sobald in einem Monat 58 Euro erreicht würden, seien alle weiteren Eezy-Fahrten kostenlos.
Die Nutzung von Eezy.nrw sei sehr unkompliziert und damit auch für eher ungeübte Smartphone-User geeignet, so die HCR. Sollte es zum Umgang mit dem digitalen Tarif Fragen geben, werde in den HCR-Kundencentern (unter anderem an der Bebelstraße 8 in Herne-Mitte) die Handhabung auch direkt am Smartphone erklärt.
Kritik an Aus für Kurzstreckentarife und Rabatte
Die neue Tarifstruktur im VRR stößt nicht nur auf Zustimmung. So hat sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Wuppertal kritisch zur Tarifreform geäußert. Durch Wegfall des Kurzstreckentarifs und der bisherigen Preisstufe C würden viele Fahrten „sehr viel teurer als bisher“, so der VCD. Außerdem seien der Rabatt beim 4er-Ticket sowie das Vier-Stunden-Ticket abgeschafft worden, was zu mehr Verkäufen von Einzelfahrscheinen beim Fahrer führe. Dadurch nehme die Verspätungsanfälligkeit zu.
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Alfred Apel, ÖPNV-Experte der Herner Grünen, teilt die Kritik in weiten Teilen. Die gesamte Richtung des „Nur-Reduzierens“ gehe in eine falsche Richtung, sagt er. Unterschreiben könne er beispielsweise die Kritik am Wegfall von Rabatten beim 4er-Ticket und die Abschaffung des Vier-Stunden-Tickets. Den Wegfall der Kurzstrecke finde er aber in Ordnung, weil dieses Angebot wohl häufig missbraucht worden sei, so das Mitglied im Ausschuss für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität.
2014 erhielt Alfred Apel (li.) einen WM-Ball von HCR-Geschäftsführer Wolfgang Neige, weil er auf einen Fehler in einer Bus-Werbung aufmerksam machte (in der Werbung war vom 31. September die Rede, den es gar nicht gibt). Heute ist Apel Kommunalpolitiker bei den Grünen und beklagt erneut „Fehler“, diesmal in der von der HCR umgesetzten VRR-Tarifreform.
© WAZ FotoPool | Thomas Goedde
Das Eezy.NRW-Ticket sei eine „feine Sache“, sagt er, habe aber einen entscheidenden Fehler. Die Gefahr sei sehr groß, dass beim Aussteigen das für dieses Ticket erforderliche Aus-Checken vergessen werde und folglich zu hohe Kosten abgerechnet würden. „Ich lasse mir nicht erzählen, dass im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts es nicht möglich sein soll, dass eine IT-technische Lösung gefunden werden könnte, die das Aussteigen automatisch erkennen könnte“, so Apel.
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Sein Fazit Nummer 1 zur Tarifreform: „Der VRR macht es sich leicht, das aber auf Kosten mancher Leistungen und potenzieller Kundenwünsche.“ Und seine zweite Feststellung: Mit dieser Reform überzeuge man kaum Menschen, mal testweise auf den ÖPNV umzusteigen.
Eine komplette Auflistung der entfallenden Tickets ist auf der HCR-Webseite unter hcr-herne.de zu finden.
>>> Aktion soll Anreiz für bargeldlosen Ticket-Kauf bieten
- Schließlich: Für alle Fahrgäste, die gelegentlich mit Bus und Bahn unterwegs seien, hat die HCR eine Aktion vorbereitet. Jedes Einzelticket in der Preisstufe A, das im Zeitraum vom 1. bis 31. März bargeldlos im Bus gekauft werde, koste nur 2,99 Euro.
- Mit diesem Anreiz möchte das Verkehrsunternehmen mehr Fahrgäste davon überzeugen, das Ticket bargeldlos zu erwerben. Für Einzeltickets der Preisstufe A, die mit Bargeld bezahlt werden, gelte im März der reguläre Preis von 3,60 Euro.