Ernährungswissenschaftler Uwe Knop: Orthorexie: Wenn gesundes Essen krank macht
Donnerstag, 13.03.2025, 16:24
Gesunde Ernährung kann krank machen – wenn sie zum Zwang, zur Obsession wird. Als wäre das nicht schon paradox genug, so wird es noch verrückter, wenn man weiß: Es gibt überhaupt keine Beweise für gesunde Ernährung, Orthorexie ist also eine psychische Störung, bei der man einem Phantom nachjagt.
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In unserer heutigen Gesellschaft, in der gesunde Ernährung einen enorm hohen Stellenwert einnimmt, kann ein übertriebener Fokus darauf zu einem echten Problem werden. Diese Fixierung, sich zwanghaft „gesund zu ernähren“, nennt man: Orthorexie. Das ist eine Essstörung, bei der sich Betroffene obsessiv mit gesunder Ernährung beschäftigen – bis hin zu neurotischen Zügen, wenn das ganze Leben sich fast nur noch um den „heiligen Gral des reinen Essens“ dreht. Hier erfahren Sie alles Wesentliche, was Sie zu dieser (leider) zeitgemäßen Essstörung wissen sollten.
Über Uwe Knop
Uwe Knop, Jahrgang 1972, ist Diplom-Ernährungswissenschaftler, Buchautor, und Referent für Vorträge bei Fachverbänden, Unternehmen und auf Ärztefortbildungen. Sein neues Buch
“ENDLICH RICHTIG ESSEN” erschien im August 2024.
Was ist Orthorexie?
Orthorexie, auch bekannt als Orthorexia nervosa, ist eine Essstörung, die durch eine übermäßige Beschäftigung mit „gesunder“ Ernährung gekennzeichnet ist. Im Gegensatz zu anderen Essstörungen, bei denen es um die Menge des Essens geht, dreht sich bei der Orthorexie alles um Qualität und „Reinheit“. Betroffene haben eine obsessive Fixierung auf „reine“ und „natürliche“ Lebensmittel und vermeiden alles, was ihrer Meinung nach ungesund ist.
Woher kommt die Orthorexie?
Die Orthorexie wurde erstmals 1997 von dem US-amerikanischen Arzt Steven Bratman beschrieben. Er beobachtete, dass einige seiner Patienten eine ungesunde Fixierung auf gesunde Ernährung entwickelten, die zu sozialen und gesundheitlichen Problemen führte. Er beschrieb damit ein Krankheitsbild, bei dem Menschen eine übermäßige und zwanghafte Beschäftigung mit „gesunder“ Ernährung entwickeln. Bratman beobachtete dieses Verhalten bei sich selbst und bei seinen Patienten, die extrem rigide Ernährungsregeln befolgten.
Die genauen Ursachen der Orthorexie sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus psychologischen, sozialen und kulturellen Faktoren eine Rolle spielt. Perfektionismus, Angststörungen und ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle können das Risiko erhöhen.
Wie äußert sich Orthorexie?
Orthorexie kann sich auf verschiedene Arten äußern. Hier sind einige häufige Anzeichen:
- Zwanghafte Beschäftigung mit Lebensmitteln: Betroffene verbringen viel Zeit damit, über Lebensmittel nachzudenken, Etiketten zu lesen und Mahlzeiten zu planen.
- Strikte Ernährungsregeln: Sie entwickeln rigide Regeln darüber, welche Lebensmittel sie essen dürfen und welche nicht.
- Vermeidung bestimmter Lebensmittel: Sie vermeiden Lebensmittelgruppen wie Zucker, Fett, Gluten oder tierische Produkte.
- Angst vor „ungesunden“ Lebensmitteln: Sie haben Angst, krank zu werden, wenn sie „ungesunde“ Lebensmittel essen.
- Soziale Isolation: Sie meiden soziale Ereignisse, bei denen es Essen gibt, das ihren Regeln nicht entspricht.
- Nur eigene Mahlzeiten essen: Orthorektiker, die noch „draußen“ essen, verzehren ausschließlich ihre eigenen, mitgebrachten Mahlzeiten
- Körperliche Folgen: Mangelernährung, Gewichtsverlust, Verdauungsprobleme und andere gesundheitliche Probleme können auftreten.
Ist Orthorexie in der Psychologie eine anerkannte Erkrankung?
- Orthorexie ist derzeit nicht offiziell als eigenständige psychische Erkrankung in den gängigen Klassifikationssystemen wie dem DSM-5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) oder dem ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) aufgeführt.
- Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Problem nicht existiert. Es gibt eine anhaltende Debatte in der Fachwelt über die Anerkennung der Orthorexie als eigenständige Störung.
- Einige Experten argumentieren, dass die Orthorexie als eine Form von Zwangsstörung oder als eine spezifische Ausprägung einer Essstörung betrachtet werden sollte.
- Trotz des fehlenden offiziellen Status wird die Orthorexie in der Praxis von vielen Therapeuten und Ärzten ernst genommen, und es gibt Behandlungsansätze, die sich auf die Symptome und Folgen dieser Störung konzentrieren.
- Da die Orthorexie nicht offiziell als psychische Störung anerkannt ist, gibt es auch keine offiziellen Statistiken zur Häufigkeit. Es wird jedoch davon ausgegangen, das die Dunkelziffer sehr hoch ist – gerade in heutigen Zeiten, wo viele Menschen in ihre Ernährung alles mögliche „hineinprojizieren“
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“ENDLICH RICHTIG ESSEN” von Uwe Knop
Wer ist gefährdet?
Orthorexie kann Menschen jeden Alters und Geschlechts betreffen. Besonders gefährdet sind jedoch:
- Menschen mit Perfektionismus
- Menschen mit Angststörungen
- Menschen mit einem starken Bedürfnis nach Kontrolle
- Menschen, die sich intensiv mit gesunder Ernährung beschäftigen
- Personen mit anderen Essstörungen in der Vorgeschichte.
Was kann man zur Vorbeugung tun?
- Gesundes Gleichgewicht: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die alle wichtigen Nährstoffe enthält.
- Flexibilität: Seien Sie flexibel bei Ihren Essgewohnheiten und erlauben Sie sich gelegentlich auch vermeintlich „ungesunde“ Lebensmittel.
- Achtsamkeit: Achten Sie auf Ihre Gedanken und Gefühle in Bezug auf Essen. Wenn Sie merken, dass Sie sich zu sehr darauf konzentrieren, suchen Sie professionelle Hilfe.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und nehmen Sie an gemeinsamen Mahlzeiten teil.
- Professionelle Hilfe: Wenn Sie Anzeichen von Orthorexie bei sich oder jemand anderem bemerken, suchen Sie professionelle Hilfe.
Ganz wichtig in diesem Kontext: Seien Sie sich bewusst, dass die Forschung bis heute keine Beweise für gesunde Ernährungliefern kann! Das liegt daran, dass die bemitleidenswerte Ernährungswissenschaft zahlreichen Limitierungen unterliegt, die ausschließlich Hypothesen und Vermutungen zulassen. Daher lehnen auch die sieben großen ökotrophologischen Institutionen in DACH die kategorische Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel unisono ab. Darüber hinaus gilt: Eine gesunde Ernährung muss nicht kompliziert sein – ganz im Gegenteil. Wer frühzeitig diese drei einfachen Regeln beherzigt, die jeder kennen sollte, für den wird gesund essen grundsätzlich zu einer kinderleichten Übung.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Wenn Sie Bedenken bezüglich Ihrer Ernährung oder Ihres Essverhaltens haben, wenden Sie sich bitte an einen Arzt oder Therapeuten.
Dieser Content stammt vom FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Bereich. Sie sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.