In sozialen Medien verbreitet sich die sogenannte “Germanische Neue Medizin” immer weiter. Wie gefährlich das ist, zeigt jetzt ein Medienbericht. Experten warnen vor den Pseudo-Medizinern.
Als nichts Geringeres als “die größte Entdeckung der Menschheitsgeschichte” bezeichnete Ryke Geerd Hamer seine selbst erdachte Medizin-Methode. Der Mediziner und Theologe baute in den vergangenen Jahrzehnten eine höchst umstrittene Behandlungsform für schwere Krankheiten wie Krebs auf. Und obwohl Hamer im Jahr 2017 starb, lebt seine Methode weiter – in Telegram-Chats und sozialen Medien, wie jetzt eine Recherche des “Bayerischen Rundfunks” zeigt.
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“Germanische Neue Medizin”
Die sogenannte “Germanische Neue Medizin” (“GNM”) ist eine alternative Behandlungsmethode mit tragischem Hintergrund, den die Deutsche Krebsgesellschaft in einem Statement beschreibt: Hamer war Vater von vier Kindern, eines davon wurde Ende der Siebzigerjahre durch eine Schussverletzung schwer verletzt und starb wenige Monate später an den Folgen.
Fragwürdig: “Die eiserne Regel des Krebses”
Kurz darauf erkrankte Hamer an Hodenkrebs. “In den folgenden Monaten entwickelte Herr Hamer, inspiriert durch Träume von seinem Sohn Dirk, eine Theorie über die Entstehung von Krebserkrankungen.” Diese nannte er die “Eiserne Regel des Krebses”. Sie lautete: Der Auslöser für jede Krebserkrankung ist ein “hochdramatisches Schockerlebnis”, in seinem Fall der Tod seines Sohnes. Oder, wie Hamer es nannte: Das “Dirk-Hamer-Syndrom”.
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Krebs heilen – ohne Chemotherapie?
Hamer behauptete, das Schockerlebnis hinterlasse Spuren im Gehirn. Der Körper sei dann in einem seelischen Konflikt. Würde dieser gelöst, sei der Patient auch wieder gesund – ohne Schmerzmittel. Und ohne Chemotherapie. Tumorausheilung mittels Konfliktlösung.
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Wissenschaftlich belegt ist die Theorie keineswegs. “Neuere epidemiologische bevölkerungsbasierte Studien aus Dänemark zeigen eindeutig, dass es keine erhöhte Krebshäufigkeit bei Menschen mit Depressionen gibt und auch schwerwiegende psychische Stressfaktoren wie die ernsthafte Erkrankung eines Kindes zu keiner Erhöhung der Krebsinzidenz führen”, schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft.
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Krebsforscher: Hamer-Hypothese ist widerlegt
Bei Hamers Methode handele es sich “um eine in der Biographie und Träumen von Herrn Hamer begründete Theorie ohne wissenschaftliche oder empirische Begründung”. Die Grundannahme sei “nach heutigem Erkenntnisstand widerlegt”.
Und trotzdem: Die umstrittene Methode fand und findet noch immer Anklang. Und das, obwohl Hamer nach einigen Jahren die Approbation entzogen wurde.
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“Die Lehre der ‘GNM’ wird intensiv im Internet auf verschiedenen Homepages und Diskussionsforen verbreitet”, schreiben die Krebsforscher weiter. Hamer weitete seine Methode irgendwann auf zahlreiche weitere Krankheiten aus. Außerdem würden Stammtische zur „GNM“ mit regelmäßigen Treffen organisiert. Mit verheerenden Folgen: Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich starben Menschen in Folge der Hamer-Behandlung, bzw. Nicht-Behandlung.
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Antisemitisches Weltbild als Grundlage
Und damit nicht genug: Zusätzlich beruht die Methode auf einem antisemitischen Weltbild, welches Hamer propagierte. Ursprünglich war die Theorie nämlich unter dem Namen “Neue Medizin” verbreitet worden. Die Namensänderung zur „Germanischen Neue Medizin“ begründete Hamer damit, dass er “seinen Gegnern zuvorkommen wolle, die ‘stehlen wie die Raben’, so dass am Ende ‘dieses wunderbare Göttergeschenk dann vielleicht jüdische Neue Medizin’ hieße“, zitiert ihn die Deutsche Krebsgesellschaft.
Experten warnen: “gefährlich und unethisch”
Die Krebsforscher warnen deshalb eindringlich vor der Verbreitung der Inhalte von “GNM”: Diese seien “mit allem Nachdruck als gefährlich und unethisch zurückzuweisen”.
Wer also an Krebs erkrankt, sollte dringend auf den Rat behandelnder Mediziner hören. Natürlich können Sie sich jederzeit eine Zweitmeinung einholen. Von kruden Theorien und Heilungsversprechen sollten Sie sich jedoch auf keinen Fall täuschen lassen. Weitere Informationen zu ergänzenden und alternativen Therapien finden Sie bei der Deutschen Krebsgesellschaft.
