Berlin/München. Ein Asylbewerber aus Afghanistan ist mit dem Auto in eine Kundgebung gerast. Der 24-Jährige ist für Polizei und Behörden kein Unbekannter.
Eine weitere Schreckenstat erschüttert Deutschland: Ein Kinderwagen liegt auf dem Asphalt. Ein cremefarbener Kleinwagen steht auf der Straße, wo vorher noch zahlreiche Menschen unterwegs waren. In München ist am Donnerstagvormittag ein afghanischer Mann offenbar gezielt mit einem Auto in eine Kundgebung der Gewerkschaft Verdi gefahren. Es gab zahlreiche Verletzte, darunter mehrere Schwerverletzte. Todesopfer gab es zunächst nicht.
Was ist passiert?
Die Tat ereignete sich am Donnerstagvormittag gegen 10.30 Uhr in der Münchner Innenstadt. Der Fahrer eines Mini Cooper fuhr in eine Demonstration der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Hinter der Versammlung ist ein Polizeifahrzeug unterwegs gewesen“, schilderte Münchens Polizeivizepräsident Christian Gruber den Tathergang. „Dann hat sich von hinten ein Fahrzeug genähert, ist aufgeschlossen zum Polizeifahrzeug.“ Auf Höhe des Polizeiautos habe der Fahrer angesetzt zum Überholen, habe beschleunigt und sei dann in das Ende der Versammlung gefahren.
Wie viele Opfer gibt es?
Gruber gab die Zahl der Verletzten mit mindestens 28 an: „Die genaue Zahl der Verletzten steht bislang noch nicht fest.“ Ein oder zwei der Betroffenen seien lebensgefährlich verletzt, fügte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hinzu. „Wir können noch nicht sicher sein, ob sie überleben.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: „Wir beten für die Opfer.“
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Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einem „bitteren Tag für München“. An dem Zug der Streikenden hätten sich auch einige seiner Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtverwaltung beteiligt. „Ich hoffe, dass alle überleben werden.“
Was ist mit dem Fahrer passiert?
Der Täter ist von der Polizei direkt gestellt worden. „Auf das Fahrzeug ist einmal geschossen worden“, sagte Einsatzleiter Gruber. „Der Täter wurde festgenommen.“ Das rasche Eingreifen habe verhindert, dass es zu weiteren Gefährdungen oder Verletzungen anderer Menschen gekommen sei, erklärte Innenminister Herrmann. Der Fahrer musste offenbar medizinisch behandelt werden.
Was ist über den Täter bekannt?
Bei dem Täter handelt es sich um einen 24 Jahre alten Afghanen. Der Mann habe den Status eines Asylbewerbers, teilte Gruber mit. Weitere Hintergründe müssten noch ermittelt werden. Auf die Frage, ob der Täter der Polizei bereits bekannt gewesen sei, sagte Herrmann: „Nach gegenwärtigem Stand wissen wir, dass der Täter mit Betäubungsmitteln und Ladendiebstählen aufgefallen ist.“
Das Magazin „Spiegel“ berichtete, bei dem Fahrer handele es sich um den 2001 in Kabul geborenen Farhad N. Der Mann sei Ende 2016 nach Deutschland gekommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte demnach seinen Asylantrag ab. Später habe der Afghane eine Duldung erhalten, wodurch eine Abschiebung ausgesetzt worden sei, berichtete das Magazin weiter. Demnach soll N. vor der Tat mutmaßlich islamistische Posts abgesetzt haben.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU, l.), Ministerpräsident Markus Söder (CSU, m.) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD, r.) geben am Einsatzort ein Statement.
© DPA Images | Christoph Trost
Was ist über das Motiv bekannt?
Markus Söder sprach am Tatort von einem „mutmaßlichen“ Anschlag: „Darauf weist vieles hin.“ Es müsse aber noch weiter ermittelt werden. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zufolge übernahm die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen.
Von einem Zusammenhang mit der am Freitag beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz werde zunächst nicht ausgegangen, sagte Herrmann. „Die Motivation dieses afghanischen Täters muss erst noch näher erforscht werden.“ Zu der Münchner Sicherheitskonferenz werden von Freitag bis Sonntag zahlreiche ranghohe Politikerinnen und Politiker aus aller Welt erwartet. Auf der Teilnehmerliste stehen unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), US-Vizepräsident J.D. Vance oder der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj.