Mithilfe von maschinellem Lernen und 3D-Druck wurde ein neues Material entwickelt, das leicht wie Styropor und dennoch deutlich belastbarer als Stahl ist. Dieses Material ist für sehr viele Bereiche vielversprechend – vor allem Luft- und Raumfahrt.
Stärker als Stahl, aber Schaumstoff-leicht
Das Material basiert auf sogenannten Nanogittern – winzigen, dreidimensionalen Strukturen, die aus Kohlenstoff bestehen. Jedes Bauteil eines solchen Gitters ist nur einige hundert Nanometer groß. Die besondere Struktur macht sie gleichzeitig extrem leicht und stabil. So erreicht das Material eine Belastbarkeit von 2,03 Megapascal für jeden Kubikmeter pro Kilogramm seiner Dichte. Zum Vergleich: Bei Stahl liegt dieser Wert 10-40 Mal niedriger und erreicht eine Belastbarkeit ähnlich der Kohlefaser.
Um diese Nanogitter zu verbessern, nutzten die Forscher der Universität Toronto einen Algorithmus für maschinelles Lernen, genannt “multi-objektive Bayessche Optimierung”. Dieser konnte aus Simulationen lernen, welche Formen das Material widerstandsfähiger machen. Ein entscheidender Aspekt war es, geometrische Schwachstellen wie scharfe Ecken zu vermeiden, die zu Brüchen führen können. Der Algorithmus arbeitete so effizient, dass nur 400 Datensätze benötigt wurden – herkömmliche Ansätze brauchen oft Zehntausende.
Der nächste Schritt war der Bau der Nanogitter. Dies geschah mit einem speziellen 3D-Drucker im an der Universität Toronto befindlichen Center for Research and Application in Fluidic Technologies (CRAFT), der mit einem Verfahren namens Zwei-Photonen-Polymerisation arbeitet. Dieses ermöglicht äußerst präzise Drucke auf Nanoebene.
Illustration des Prozessablaufs
Die praktischen Vorteile sind enorm. “Wenn man zum Beispiel Titan-Bauteile in einem Flugzeug durch dieses Material ersetzt, könnte man für jedes Kilogramm rund 80 Liter Treibstoff im Jahr einsparen”, erklärt Peter Serles, der an der Studie mitgearbeitet hat. “Dies war ein vielschichtiges Projekt, das verschiedene Elemente aus der Materialwissenschaft, dem maschinellen Lernen, der Chemie und der Mechanik zusammenbrachte, um zu verstehen, wie wir diese Technologie verbessern und umsetzen können.”
Mal wieder KI
Laut der Studie in Advanced Materials ist es das erste Mal, dass maschinelles Lernen zur Optimierung von “nanoarchitektonischen Materialien” eingesetzt wurde. Neben der Universität Toronto waren auch Forscher des Korea Advanced Institute of Science & Technology (KAIST), des Karlsruhe Institute of Technology (KIT), des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Rice University beteiligt.
Was ist Nanotechnologie?
Nanotechnologie beschäftigt sich mit der Kontrolle und Manipulation von Materialien im Größenbereich von 1 bis 100 Nanometern. Ein Nanometer ist dabei ein Milliardstel Meter – so klein, dass einzelne Atome und Moleküle gezielt bearbeitet werden können.
Diese Technologie ermöglicht die Entwicklung völlig neuer Materialien und Systeme mit überraschenden Eigenschaften. Von selbstreinigenden Oberflächen bis hin zu ultraleichten, aber extrem stabilen Werkstoffen eröffnet die Nanotechnologie faszinierende Möglichkeiten.
Wo wird Nano bereits eingesetzt?
Nanotechnologie findet sich bereits in vielen Alltagsprodukten: In Sonnencreme sorgen Nanopartikel für besseren UV-Schutz, in Sportkleidung verhindern sie unangenehme Gerüche, und in Elektronik ermöglichen sie immer kleinere und leistungsfähigere Geräte.
In der Medizin werden Nanopartikel für die gezielte Medikamentenabgabe und Krebstherapie erforscht. Auch in der Umwelttechnik gibt es vielversprechende Anwendungen, etwa bei der Wasseraufbereitung oder der Entwicklung effizienterer Solarzellen.
Ist Nanotechnologie gefährlich?
Die Sicherheit von Nanomaterialien wird intensiv erforscht. Einige Nanopartikel könnten aufgrund ihrer winzigen Größe theoretisch in Zellen eindringen und dort unerwünschte Wirkungen entfalten.
Strenge Sicherheitsrichtlinien und kontinuierliche Forschung sollen mögliche Risiken minimieren. Bisher gibt es keine Hinweise auf konkrete Gefahren durch zugelassene Nano-Produkte, dennoch wird die Entwicklung sorgfältig überwacht.
Wie wird die Zukunft mit Nano?
Experten erwarten revolutionäre Entwicklungen in vielen Bereichen. Besonders in der Medizin könnten Nanoroboter Krankheiten direkt im Körper bekämpfen, während in der Elektronik noch kleinere und effizientere Bauteile möglich werden.
Auch für Umweltprobleme verspricht die Nanotechnologie neue Lösungen: Von der CO2-Reduktion bis zur effizienteren Energiespeicherung gibt es vielversprechende Forschungsansätze.
Was kostet Nanotechnologie?
Die Entwicklung von Nanomaterialien und -produkten erfordert hochmoderne Laborausstattung und spezialisierte Fachkräfte. Die Kosten für Forschung und Entwicklung können in die Millionen gehen.
Allerdings sinken die Produktionskosten durch verbesserte Verfahren stetig. Viele Nano-Produkte sind bereits zu erschwinglichen Preisen erhältlich, von Sonnencreme bis zu schmutzabweisender Kleidung.
Wer forscht an Nanotechnologie?
Deutschland gehört zu den führenden Nationen in der Nanoforschung. Zahlreiche Universitäten, Forschungsinstitute und Unternehmen arbeiten an neuen Entwicklungen.
International sind besonders die USA, Japan und China in der Nanoforschung aktiv. Große Technologiekonzerne investieren Milliarden in die Entwicklung neuer Nanomaterialien und Anwendungen.
Wie klein ist “Nano” wirklich?
Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter – etwa 50.000 Mal dünner als ein menschliches Haar. In diesem Größenbereich verhalten sich Materialien oft völlig anders als in ihrer gewohnten Form.
Zum Vergleich: Ein DNA-Molekül ist etwa 2,5 Nanometer breit, während ein rotes Blutkörperchen mit etwa 7.000 Nanometern schon deutlich größer ist.
Nano in der Medizin – wie hilft’s?
Nanopartikel können Medikamente gezielt zu kranken Zellen transportieren und so Nebenwirkungen reduzieren. In der Krebstherapie werden bereits erste nanobasierte Behandlungen eingesetzt.
Auch in der Diagnostik eröffnen Nanosensoren neue Möglichkeiten. Sie können Krankheiten früher erkennen und ermöglichen präzisere Behandlungen. Zudem werden Nano-Beschichtungen für Implantate entwickelt.
Zusammenfassung
- Neues Nanomaterial: leicht wie Styropor, belastbarer als Stahl
- Entwicklung durch maschinelles Lernen und 3D-Druck
- Basis: Nanogitter aus Kohlenstoff mit extrem hoher Belastbarkeit
- KI-Algorithmus optimierte Materialstruktur mit nur 400 Datensätzen
- Präziser 3D-Druck mittels Zwei-Photonen-Polymerisation
- Enormes Potenzial für Treibstoffeinsparungen in der Luftfahrt
- Internationale Zusammenarbeit von Forschern verschiedener Institute
Siehe auch: