Kritiker einer immer weitergehenden Speicherung von Daten durch den Staat wird gern vorgeworfen, die Behörden völlig ungerechtfertigt des Missbrauchs ihrer Befugnisse zu verdächtigen. Die Praxis zeigt allerdings, dass Gelegenheit eben doch Diebe macht.
Keine Einzelfälle
Das zeigt sich aktuell auch am jetzt veröffentlichten Jahresbericht des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, der das zurückliegende Jahr 2023 abdeckt. Das Dokument enthält immerhin einen kompletten eigenen Abschnitt nur für die “unbefugte Nutzung polizeiinterner Datenbanken”.
In diesem wird festgestellt, dass “ein großer Teil unserer Bußgeldverfahren” Fälle betraf, in denen Polizisten Daten von Bürgern aus der POLIKS-Datenbank abriefen, um sie für nicht dienstliche Zwecke zu verwenden.
“Bedienstete der Polizei werden in regelmäßigen Abständen über die datenschutzrechtlichen Vorschriften informiert und darüber belehrt, dass es ihnen ausdrücklich untersagt ist, Daten aus POLIKS und anderen polizeilichen Informationssystemen für private Zwecke zu nutzen. Dennoch wird der Zugang zu POLIKS immer wieder dazu missbraucht, Daten zu nicht dienstlichen Zwecken abzufragen”, erklärte die Berliner Datenschutzbehörde.
“Für einen Flirtversuch”
Die Spanne der Interessenlagen ist dabei einigermaßen groß und beginnt etwas nachvollziehbar dabei, dass ein Polizist, in dessen Wohnung eingebrochen worden war, die Akte der ermittelnden Kollegen einsah, um sich über den Stand der Nachforschungen zu informieren. Schon dies ist allerdings illegal und zog ein Bußgeldverfahren nach sich.
Heftiger sind hingegen Fälle, die unmittelbar Dritte betreffen. So hinterließ etwa eine Bürgerin bei einem Polizeieinsatz ihre Handynummer. Ein Beamter nutzte diese dann, um sie “für einen Flirtversuch” anzuschreiben, wie es in dem Bericht hieß. Noch einen Schritt weiter ging ein anderer Polizist:
Ein Polizeibeamter schrieb eine Bürgerin, die er zuvor auf dem Parkplatz eines Lebensmittelhändlers gesehen hatte, über ihre private Handynummer an, die er der Datenbank mithilfe ihres Kfz-Kennzeichens entnahm.
Aus dem Jahresbericht.
Aber nicht nur die Männer griffen zu. Eine Polizeibeamtin fragte aus privatem Interesse Daten ihres Ex-Manns ab, hieß es. Insgesamt wurden so allein im letzten Jahr nur in Berlin 35 Verfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet und 32 Bußgelder verhängt, wie die Leiterin der Datenschutzbehörde, Meike Kamp, mitteilte.
Zusammenfassung
- Kritik an staatlicher Datenspeicherung oft als unberechtigt abgetan
- Jahresbericht 2023 zeigt Missbrauch in der Berliner Polizei.
- Polizisten nutzten POLIKS-Datenbank für private Zwecke
- Regelmäßige Belehrungen über Datenschutz werden ignoriert
- Einige Fälle betreffen private Kontaktversuche mit Bürgern
- 35 Verfahren und 32 Bußgelder gegen Berliner Polizisten im Jahr 2023
- Datenschutzbeauftragte Meike Kamp berichtet über Missstände
Siehe auch: