Multiple Sklerose : Das sind die häufigsten Anzeichen für die Krankheit mit tausend Gesichtern
Samstag, 27.07.2024, 15:00
Multiple Sklerose bleibt ein medizinisches Mysterium, doch Fortschritte in Forschung und Therapie wecken Hoffnung. Neurologe und Psychiater Mimoun Azizi gibt Einblicke in Ursachen, Symptome und den Umgang mit der Krankheit.
Welche Symptome weisen auf eine MS-Erkrankung hin und wie wird sie diagnostiziert?
Multiple Sklerose, oft als „Krankheit mit den tausend Gesichtern“ bezeichnet, ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Sie kann sich durch eine Vielzahl von Symptomen äußern, je nachdem, welche Region des Nervensystems betroffen ist. Einige der häufigsten Anzeichen sind Taubheitsgefühle, Sehstörungen und Lähmungserscheinungen. Diese Symptome werden oft erst sichtbar, wenn viele Wege im Nervensystem blockiert sind.
Die häufigste Art der Krankheit verläuft typischerweise in sogenannten Schüben. Ein Schub ist das plötzliche Auftreten neuer oder die starke Verschlimmerung bereits bestehender Symptome, die mindestens 24 Stunden anhalten. Nach einem Schub bilden sich die Symptome meist innerhalb von sechs bis acht Wochen ganz oder nur teilweise zurück – ein Prozess, der als Remission bezeichnet wird. Die Häufigkeit dieser Schübe variiert von Patient zu Patient und ist ein Indikator dafür, dass die Krankheit fortschreitet.
Die Diagnose von Multipler Sklerose basiert auf einer Kombination von klinischen Symptomen und Untersuchungsergebnissen. Es gibt keine spezifische Testmethode für MS, daher kann die Diagnosestellung eine Herausforderung darstellen und erfordert eine sorgfältige medizinische Beurteilung.
Über den Autor
Der Facharzt für Neurologie Dr. med. Mimoun Azizi, M.A., ist seit 2021 Chefarzt der Geriatrie/Neurogeriatrie am Allgemeinen Krankenhaus Celle. Darüber hinaus ist er Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und besitzt u.a. Zusatzqualifikationen in der Notfallmedizin, Geriatrie und Palliativmedizin. Der Autor verschiedener Fachbücher und -artikel besitzt zudem einen Magister der Politikwissenschaften und Soziologie sowie einen Master der Philosophie.
Was sind die Hauptursachen für Multiple Sklerose (MS)?
Die genauen Ursachen von Multipler Sklerose (MS) sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren zur Entstehung der Krankheit beiträgt. Bei MS greift das eigene Immunsystem die Ummantelung der Nervenbahnen, die sogenannten Myelinscheiden, an und beschädigt sie. Dies führt dazu, dass Botschaften, die durch die Nerven transportiert werden, verlangsamt oder gar nicht mehr übermittelt werden können. Da MS eine chronische Erkrankung ist, nehmen diese Schädigungen mit der Zeit zu.
Obwohl MS selbst nicht erblich ist, scheint es eine gewisse Veranlagung für die Krankheit zu geben. Diese Veranlagung allein reicht jedoch nicht aus, um an MS zu erkranken. Es bedarf weiterer Faktoren. Hier kommen verschiedene Krankheitserreger ins Spiel, insbesondere Viren und Bakterien.
Ein Beispiel ist das Epstein-Barr-Virus aus der Gruppe der Herpesviren, das als möglicher Auslöser diskutiert wird. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass trotz dieser Erkenntnisse weitere Forschungen notwendig sind, um ein vollständiges Bild von den Ursachen und Auslösern von MS zu erhalten.
Wie kann MS therapiert werden?
Die MS ist trotz aller Fortschritte in Forschung und Therapie bislang nicht heilbar. In den letzten Jahren haben sich jedoch die Möglichkeiten zur Behandlung der MS deutlich erweitert und verbessert. Das Hauptziel jeder MS-Therapie besteht darin, die Krankheitsaktivität und den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen oder im besten Fall zu stoppen. Es ist wichtig, rechtzeitig zu handeln, da einmal verlorene Nervenstrukturen unwiederbringlich sind.
Die Therapie der MS besteht aus mehreren Bestandteilen: Die Akutbehandlung von Schüben, die verlaufsmodifizierende Behandlung und die symptomatische Behandlung. Bei der Behandlung von akuten Schüben wird häufig Kortison eingesetzt. Für die verlaufsmodifizierende Therapie stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung. Eine innovative Therapieoption ist beispielsweise die Verwendung eines Antikörpers, bei dem Patienten das Medikament monatlich selbst mittels eines Injektionspens verabreichen.
Die symptomatische Behandlung hat keinen Einfluss auf das eigentliche Krankheitsgeschehen der MS, kann jedoch bei der Bewältigung der Folgen helfen und stellt daher eine sinnvolle Ergänzung zur verlaufsmodifizierenden Therapie dar. Diese Behandlung erfolgt meist interdisziplinär mit Medikamenten sowie rehabilitativen, nicht-medikamentösen Therapien. Letztere werden oft in Zusammenarbeit mit Physio-, Ergo- oder Sporttherapeuten sowie Logopäden oder Psychologen durchgeführt.
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Wie gehen prominente MS-Erkrankte wie Malu Dreyer oder Christina Applegate mit ihrer Erkrankung um und welche Rolle spielt ihre Öffentlichkeit dabei?
Prominente, wie Malu Dreyer und Christina Applegate, die an Multipler Sklerose (MS) erkrankt sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Aufklärung über die Krankheit. Sie tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen und ein realistisches Bild von der Krankheit zu zeichnen. Malu Dreyers Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass es trotz MS möglich ist, einen anspruchsvollen und verantwortungsvollen Beruf auszuüben. Allerdings zeigt sie auch auf, dass Betroffene eventuell weniger Kraft haben und gegebenenfalls rechtzeitig ihre Grenzen erkennen müssen.
Christina Applegate hingegen spricht sehr offen und ungeschönt über ihre Krankheit. Sie betont die Bedeutung einer frühen Diagnose und dass Anfangssymptome ernst genommen werden müssen. Ein früher und effektiver Therapiebeginn ist essenziell für den Verlauf der Krankheit. Die Offenheit dieser Prominenten kann Neu-Erkrankten Hoffnung geben und sie informieren. Sie zeigen auf, dass ein Leben mit MS möglich ist und helfen dabei, die Krankheit in der Öffentlichkeit besser zu verstehen. Ihre Geschichten können dazu beitragen, das Bewusstsein für MS zu schärfen und andere dazu ermutigen, Symptome frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen.
Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.