Ist eine Demenz, vor allem in der häufigsten Form Alzheimer, erst einmal ausgebrochen, lässt sie sich allenfalls verzögern, aber nicht mehr aufhalten oder gar heilen. Umso wichtiger ist es, die Risikofaktoren für den Verfall der kognitiven Fähigkeiten zu kennen – und nach Möglichkeit auszuschalten.
Die Forschung hat inzwischen eine ganze Reihe von Gefahrenquellen erkannt, die eine Demenz begünstigen können. FOCUS online gibt im Folgenden einen Überblick über die wichtigsten Hebel.
Demenz: „Viele Faktoren gehen Hand in Hand“
Zwar ist nie ein einzelner Risikofaktor allein für den Gehirnverfall verantwortlich. Aber erstens lassen sie sich isoliert in Studien gut beobachten. Und zweitens hoffen Wissenschaftler, das Erkrankungsrisiko zu minimieren, wenn sich möglichst viele Risikofaktoren ausschalten lassen. Anja Schneider, Leiterin der Arbeitsgruppe für translationale Demenzforschung am Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sagt: „Viele Faktoren gehen Hand in Hand und bedingen einander.“
Bei manchen Faktoren sei noch nicht einmal klar, ob es sich um einen Risikofaktor oder ein Frühsymptom der Erkrankung handle. „Das gilt etwa für Depressionen im Alter“, sagt die DZNE-Expertin, die zudem Direktorin an der Klinik für Neurodegenerative Erkrankungen und Gerontopsychiatrie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) ist. „Es gibt Hinweise, dass bestimmte Antidepressiva die Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung verzögern können“.
Drei Risikofaktoren für Demenz, die nicht beeinflussbar sind
- Ändern: Ab dem 60. Lebensjahr verdoppelt sich die Demenzhäufigkeit alle fünf Jahre
- Geschlecht: Frauen sind eher demenzgefährdet als Männer
- Genetische Faktoren: So beeinflusst eine bestimmte Variante des ApoE-Gens (wichtig für den Cholesterintransport im Blut) die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer-Demenz zu erkranken. Bei Trägern von ApoE4 treten Krankheitssymptome besonders früh auf.
Sieben wichtige Risikofaktoren für Demenz, die veränderbar sind
„Etwa 30 Prozent des Alzheimer-Risikos lassen sich durch sieben Risikofaktoren erklären, die wir mehr oder minder wirksam beeinflussen können“, sagt die Demenz-Forscherin Miia Kivipelto vom Karolinska-Institut in Stockholm.
Das sind:
- Diabetes
- Bluthochdruck
- Adipositas
- Bewegungsmangel
- Rauchen
- geringe Bildung
- Depression
Anja Schneider würde auch schlechtes Hören in die Liste aufnehmen. „Das führt zu sozialer Isolation, was wiederum in einer Depression enden kann. Mit einem Hörgerät wäre ein Risikofaktor für Demenz leicht auszuhebeln.“ Verschiedene Studien hätten die Bedeutung dieses Faktors bereits gezeigt,
Fünf neu entdeckte Risikofaktoren für Demenz
Beobachtungsstudien haben mittlerweile auch folgende Risikofaktoren ausgemacht:
- Erkrankung kleiner Gefäße: Einblutungen in den kleinen Gehirngefäßen (Small Vessel Disease) werden im MRT als Läsionen sichtbar. Sie können bei Patienten mit Bluthochdruck auf eine drohende Demenz hinweisen. Eine Studie an der Universität Barcelona zeigte, dass Hypertoniker mit einer Zunahme der Läsionen in den Hohlräumen (Ventrikeln) des Gehirns ein mehr als sechsfach erhöhtes Risiko für kognitive Beeinträchtigungen hatten. Bluthochdruck sollte daher ab einem Alter von 45 Jahren behandelt werden.
- Psychischer Stress in mittleren Jahren: Dazu gehören finanzielle und berufliche Probleme und dadurch entfachte Ängste und Sorgen. Die Demenz-Häufigkeit ist bei den Betroffenen um rund ein Viertel erhöht. Sport in diesem Alter wirkt nicht nur gegen Stress, sondern auch präventiv gegen Demenz.
- Leben ohne Partner: Wer im Alter allein lebt und sich einsam fühlt, hat ein höheres Demenz-Risiko – laut Studien um 44 Prozent. Paare haben ein geringeres Risiko, weil sie insgesamt gesünder leben als Singles, und auch mehr soziale Kontakte pflegen.
- Kurzer REM-Schlaf – Forschern der Boston University fanden heraus, dass verkürzte REM- oder Traumschlaf-Phasen das Alzheimer-Risiko steigern. Eine andere Studie, durchgeführt an der Washington University School of Medicine in St. Louis, fand allerdings heraus, dass alte Menschen mit schlechtem Tiefschlaf mehr schädliche Tau-Proteine im Gehirn hatten. Guter Schlaf in all seinen Phasen scheint ein wichtiger protektiver Faktor gegen Demenz zu sein.
- Überzuckerte Getränke: In der Gruppe mit dem höchsten Konsum gab es eine um rund 50 Prozent erhöhte Alzheimerrate, laut einer Studie an der Columbia-Universität. Anja Schneider misst solchen Einzelergebnissen allerdings keine besondere Aussagekraft zu: „Der hohe Konsum stark gezuckerter Getränke weist auf einen insgesamt ungesunden Lebensstil hin, ist vielleicht mit Übergewicht und Diabetes verbunden und damit Teil eines nachgewiesen erhöhten Demenz-Risikos.“
Zu den frühen Anzeichen von Demenz zählen Mediziner diese Anzeichen
- Sie vergessen zunehmend Verabredungen.
- Sind mehrere Menschen an einem Gespräch beteiligt, haben Sie Schwierigkeiten zu folgen.
- An den Inhalt von Gesprächen können Sie sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr erinnern. Ereignisse, die länger zurückliegen, sind Ihnen dagegen noch sehr präsent.
- Sie haben Probleme, sich in Ihrer eigenen Wohnung oder im altbekannten Supermarkt zurechtzufinden.
- Sie finden sich an einem Ort oder in einem Zimmer wieder und haben vergessen, was Sie dort eigentlich tun wollten.
- Es fällt Ihnen schwer, eine Mahlzeit zuzubereiten, die mehrere einzelne Schritte erfordert.
- Beim Lesen müssen Sie Abschnitte mehrmals wiederholen, um sie zu verstehen, und können sich nicht mehr so gut konzentrieren.
- Sie sind schusseliger und nachlässiger geworden.
- Ihnen fehlen immer häufiger die richtigen Worte.