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Depressionen: Was man im Gespräch mit Betroffenen vermeiden sollte

Depressionen gehören nicht nur zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, sondern auch zu den unterschätztesten. Für Angehörige von Betroffenen ist es oft schwierig, die richtigen Worte zu finden. So mancher Ratschlag – und sei er auch noch so gut und aufheiternd gemeint – ist einfach nicht hilfreich. Schlimmer noch: Er kann ins Gegenteil umschwenken.

„Solche Aussagen entstehen häufig aus Hilflosigkeit, fehlendem Wissen oder Unbeholfenheit“, weiß Verena Düttmann, Psychologische Psychotherapeutin bei der Online-Therapieplattform HelloBetter. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt sie, was unpassende Kommentare bei Menschen mit Depression auslösen können.

„Vielleicht solltest du einfach mal spazieren gehen“

Das ist sicherlich ein Klassiker. Einfach mal rausgehen, durchatmen und den Kopf freibekommen. Dann sieht die Welt doch schon wieder ganz anders aus. Doch auch das ist keine Lösung für einen Menschen, der an einer Depression leidet. „Für Betroffene kann selbst das Verlassen des Hauses eine enorme Herausforderung darstellen“, erklärt Düttmann.

„Solche Ratschläge können also Schuldgefühle und Frustration auslösen, besonders wenn Betroffene nicht in der Lage sind, ihnen zu folgen.“

„Jeder hat mal einen schlechten Tag“

Das mag an sich nicht falsch sein. Auch nicht depressive Menschen haben schlechte Tage. Doch das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Darum ist diese Aussage weder passend noch hilfreich. „Ganz im Gegenteil. Sie verharmlost die Ernsthaftigkeit der Erkrankung und setzt sie mit alltäglichen Stimmungsschwankungen gleich“, so Düttmann.

Betroffene könnten sich durch solche Kommentare noch weniger verstanden fühlen. Es gibt aber eine Faustregel, um einen schlechten Tag ausschließen zu können: „Fühlt man sich länger als zwei Wochen niedergeschlagen, antriebslos und ohne Freude, kann dahinter mehr stecken als ein vorübergehendes Stimmungstief.“

„Mach doch etwas, das dir Spaß macht“

Menschen, die einem sehr nahestehen, möchte man aufmuntern. Das ist nur verständlich. Doch Verena Düttmann warnt vor einer solchen Aufforderung, denn es wird ein ganz zentrales Symptom der Depression übersehen: „Betroffene verlieren die Freude an Dingen, die ihnen normalerweise Freude bereitet haben. Der Rat kann bei Menschen mit einer Depression also ein Gefühl der Isolation verstärken.“ Könnten sie eine Aktivität, die ihnen Freude bereitet, ausführen, so hätten sie diese schon längst getan.

„Du hast doch alles, was du brauchst“

Ein erfüllender und gut bezahlter Job, treue Freunde und eine liebende Familie. Manche Menschen führen ein scheinbar glückliches Leben und leiden trotzdem an einer Depression. Das mag für Außenstehende paradox wirken, ist es aber nicht. „Eine Depression kann Menschen ganz unabhängig von ihren Lebensumständen treffen und ist keine Frage von ‘haben’ oder ‘nicht haben’“, erklärt Düttmann.

Auch für viele Betroffene ist das ebenso unverständlich und sie leiden unter dem Gedanken, vermeintlich keinen Grund zu haben, sich depressiv zu fühlen. „Als außenstehende Person sollte man diesen inneren Konflikt also nicht verstärken, sondern stattdessen mit Wertschätzung und Empathie reagieren.“

„Andere Menschen haben es nicht so gut wie du“

Naturkatastrophen, Kriege, Menschen auf der Flucht. Überall auf der Welt gibt es so viel Leid. Doch das macht das eigene Empfinden nicht besser, wie diese Aussage suggeriert. „Eine Depression ist eine komplexe Erkrankung, die sich nicht durch Vergleiche mit anderen relativieren lässt“, erklärt Düttmann. Menschen können Belastungen sehr unterschiedlich empfinden. Eine solche Aussage könne bei Betroffenen außerdem Schuldgefühle auslösen oder „den Eindruck erwecken, ihr Erleben sei nicht berechtigt.”

Wie können Angehörige helfen?

Die richtigen Worte zu finden kann schwierig sein, unpassende rutschen oft unüberlegt heraus. Eine allgemeingültige Anleitung, wie man mit Menschen mit Depression umgeht, gibt es nicht. Natürlich kann man seine Unterstützung anbieten, muss dabei aber auch Grenzen respektieren. Man kann niemanden dazu zwingen, Hilfe anzunehmen. „

Auch das kann manchmal unheimlich schwer sein“, weiß Düttmann. Wenn die Person die Hilfe nicht will, darf man das auch nicht persönlich nehmen und kann trotzdem zeigen, dass das Angebot weiterhin bestehen bleibt. Sollte der oder die Betroffene aber suizidale Gedanken äußern, kann jederzeit auch der Rettungsdienst unter der 112 gewählt werden. „Die ist nicht nur für körperliche, sondern auch für psychische Notfälle da“, so Düttmann.

Hilfe bei Depressionen bietet zudem die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Rufnummer: 0800/111 0 111.

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