Die Machtverhältnisse haben sich nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg verändert. SWR-Hauptstadtkorrespondent Sebastian Deliga spricht über die Auswirkungen.
Zwar konnte sich die SPD bei den Landtagswahlen in Brandenburg als Spitzenreiter durchsetzen, dennoch haben sich die politischen Kräfteverhältnisse verändert. Als zweitstärkste Partei wurde die AfD gewählt, gefolgt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). CDU, Grüne, FDP und Linke kassierten dagegen teils herbe Verluste. Ähnlich ist die Lage in Thüringen und Sachsen: AfD und BSW verzeichneten Erfolge und konnten viele Wählerstimmen gewinnen.
Auch wir in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz schauen auf die Wahlergebnisse und fragen uns: Was bedeutet diese Entwicklung für die politische Stimmung im Südwesten? Die wichtigsten Fragen hat unser SWR-Hauptstadtkorrespondent Sebastian Deliga bei einem Instagram Live beantwortet:
Sebastian Deliga: Direkt nicht. Aber die Grundentscheidungen werden jetzt getroffen. Friedrich Merz und die CDU haben das ganz klug gemacht und ihn letzte Woche als Kanzlerkandidaten nominiert. Es war absehbar, dass für die CDU die Wahl in Brandenburg ziemlich schlecht ausgeht. Spannend wird sein, was mit Olaf Scholz ist. Ob er der nächste Kanzlerkandidat wird oder ob die SPD noch einmal überlegt. Seine persönlichen Werte sind ziemlich schlecht und die SPD hat mit Verteidigungsminister Boris Pistorius den beliebtesten Politiker Deutschlands in ihren Reihen.
Der Trend geht dahin, dass man die Grünen in Baden-Württemberg als Vorbild nimmt. Die sind sehr pragmatisch und hatten bei der Landtagswahl 2021 mit Winfried Kretschmann einen populären Spitzenkandidaten. Jetzt wollen die Grünen Robert Habeck nominieren. Der hat in der Ampel schon den einen oder anderen Fehler gemacht und die Partei steht nicht gut da. Aber er will als Wahlkampfmanagerin wohl eine Baden-Württembergerin einsetzen, seine Staatssekretärin Franziska Brantner. Sie gilt als Pragmatikerin. Das zeigt, wie die Grünen sich aufstellen wollen. Neulich habe ich gelesen, Robert Habeck will enttäuschten CDU-Wählern ein Angebot machen.
Die These ist, dass die CDU unter Merz eher nach rechts rückt und die Merkel- und Mitte-Christdemokraten enttäuscht sein könnten. Diese könnten dann vielleicht die Grünen wählen. Ob das klappt, muss man sehen. Bei CDU-Wählern sind die Grünen gerade nicht wohlgelitten.
Ja, weil die AfD diesen Kanal ziemlich gut bespielt. Bei TikTok gibt es offenbar einen Algorithmus, der solche Inhalte nach oben spült. Das ist aber als Problem erkannt worden. Immer mehr Politiker und Politikerinnen wollen auf TikTok Leute erreichen. Aber jeder kann das nicht. Wenn ein 60-jähriger Bundestagsabgeordneter versucht zu tanzen, ist das eher lächerlich, als dass es Stimmen bringt.
Aber die AfD erreicht über TikTok und solche Kanäle viele junge Leute. Jungwähler sind noch nicht so gefestigt und probieren gerne mal etwas aus. Das haben wir bei der Europawahl gesehen, da haben sie viele kleine Parteien gewählt. Bei der letzten Bundestagswahl waren es vor allem Grüne und FDP, für die junge Wähler gestimmt haben. Jetzt im Osten ist es die AfD. Man muss immer um die Jungwähler werben und das ist natürlich eine Aufgabe, vor allem der Parteien der Mitte.
Viele haben wegen Olaf Scholz das Gefühl, dass es gar nicht geführt wird. Das haben die Zahlen von Infratest dimap zur Brandenburg-Wahl gezeigt. Aber: Man muss sich keine Sorgen machen, dass das Land schlecht geführt wird, es gibt immer noch einen großen Unterbau. Politiker sind im Moment zwar nicht wohlgelitten, ich spreche aber mit vielen Abgeordneten aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. In der zweiten, dritten oder vierten Reihe gibt es gute Leute, die sich für ihre Themen einsetzen.
Ich versuche diese Leute zu interviewen und habe neulich eine Politikerin getroffen, die erzählt hat, wie sie im Osten Brandenburgs mit dem Bollerwagen Wahlkampf macht und an jeder Tür klingelt. Da kommen ihr auch AfD-Wähler oder “Reichsbürger” entgegen. Sie spricht mit denen und versucht, sie für sich zu gewinnen. Leicht ist das nicht. Aber sie engagiert sich und verliert nicht den Mut. Und solche Leute machen mir Mut. Auch wenn gerade die Diskussion und die Stimmung in der Politik und im Land schlecht ist. Das hängt auch mit der Ampel zusammen und damit, wie sie sich präsentiert.
Noch nicht. Aber das will er zumindest nach meinen Informationen in den nächsten Wochen machen. Ich glaube, vieles spricht dafür, dass er in Baden-Württemberg als Spitzenkandidat antritt. Bisher hält er sich bedeckt, aber er wird sich glaube ich demnächst erklären.