Viele Milliarden werden jedes Jahr für die Subventionierung von Dienstwagen mit Verbrennermotoren ausgegeben, Unternehmen wechseln nur langsam zu E-Autos. Das bremst die Wende zur Elektromobilität auf lange Sicht aus.
Wer durch den Bonner Stadtteil Bad Godesberg schlendert, der kommt an vielen herrschaftlichen Villen vom Anfang des letzten Jahrhunderts vorbei. Die Straßen sind gesäumt von großen alten Bäumen, deren Laub jetzt im Herbst sanft auf die darunter parkenden Autos segelt. Es sind große Autos von Porsche, Mercedes, Audi oder BMW – meist in dezentem schwarz und meist mit Auspuff.
In dieser Gegend wohnen viele gutverdienende Mitarbeiter großer Konzerne wie der Deutschen Telekom oder die Deutsche Post, die oft Firmenwagen als Teil des Gehaltes bekommen.
Bald werden hier allerdings keine Benziner oder Diesel mit einem „T“ auf dem Nummernschild mehr zu sehen sein. Solche Wagen sind Teil der Flotte der Deutschen Telekom, einem Konzern, der in Bezug auf seine Dienstwagen sehr konsequent ist. Bereits seit Anfang 2023 dürfen Mitarbeitende keine neuen Dienstwagen mit Verbrennungsmo tor mehr bestellen, sondern nur noch rein elektrische Autos (BEV)- also ein Batterie-elektrisch bestriebenes Auto.
Kraftstoffe werden bezahlt, Strom aber nicht
Andere Konzerne sind noch nicht so weit gekommen auf dem Weg in das E-Zeitalter. Bei dem Chemiekonzern BASF sind beispielsweise nur 320 der insgesamt fast 1600 Fahrzeuge rein elektrisch. „Wir haben eine CO2-Obergrenze für alle Dienstfahrzeugbestellungen festgelegt“, heißt es auf Anfrage der DW. Mit anderen Worten, es können immer noch Verbrenner bestellt werden.
Beim Softwarekonzern SAP dürfen ab Anfang 2025 nur noch BEV und Hybride bestellt werden. Allerdings werden Hybride als Dienstwagen sehr kritisiert, weil häufig der Kraftstoff vom Arbeitgeber bezahlt wird, der Strom aber nicht. Folglich werden die Dienstwagen kaum im elektrischen Modus gefahren. Sie sind durch die Batterie aber besonders schwer, wodurch sie eine noch schlechtere CO2-Bilanz haben als normale Verbrenner. Das zumindest läuft bei SAP besser. Dort gibt es zwar auch eine Tankkarte, die kann aber sowohl fürs Tanken als auch für das Laden benutzt werden.
Der Dienstwagen-Effekt aufs Klima
Wer nun meint, Dienstwagen würden ja nur einen kleinen Teil der in Deutschland gefahren Pkw ausmachen und seien daher nicht so relevant im Hinblick auf Klimaschutz, der irrt. Zwar gibt es tatsächlich wesentlich mehr Pkw in Privatbesitz, das liegt aber daran, dass Firmenwagen nur relativ kurz gefahren werden und dann nach wenigen Jahren als Gebrauchtwagen auf dem Privatmarkt landen. Dort aber werden sie dann noch viele Jahre weitergefahren.
Daher prägen die Konzernflotten über einen langen Zeitraum den Pkw-Bestand. Zumal die meisten Neuwagen von Firmen gekauft werden: Zwei von drei neu zugelassenen Pkw sind Teil einer Firmenflotte. Und knapp die Hälfte dieser Firmenwagen dürfen sowohl geschäftlich als auch privat gefahren werden.
Da häufig der Treibstoff vom Arbeitgeber bezahlt wird, werden solche Autos im Schnitt mehr gefahren als Privatfahrzeuge. Daher sind die Flotten für drei Viertel der Emissionen aller Neuwagen verantwortlich, heißt es bei Transport & Environment (T&E), einer Dachorganisation von nichtstaatlichen europäischen Organisationen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen.
Zudem würden in Deutschland immer schwerere Firmenwagen gefahren: Jede dritte Neuzulassung ist ein SUV oder ein Fahrzeug der Mittel- bzw. Oberklasse.
Regierung beeinflusst Firmenflotten
Eine Entwicklung, die konträr zu den Klimaschutzzielen der Regierung verläuft. Bisher stellen die Unternehmen in Deutschland noch nicht im großen Stil ihre Flotten auf elektrischen Antrieb um. Im ersten Halbjahr 2024 waren nur knapp 12 Prozent der neu zugelassenen Firmenwagen in Deutschland vollelektrisch.
Dabei liegt es nicht nur in der Hand der Unternehmen, mit welchen Antrieben Dienstwagen unterwegs sind. Auch die Bundesregierung hat einen großen Einfluss, den sie noch nicht zugunsten der Elektromobilität voll nutzt. Im Gegenteil fördert sie weiterhin indirekt Verbrennerfahrzeuge, indem sie beispielsweise Steuervorteile bei Dienstwagen gewährt, die private Fahrzeughalter nicht haben. Diese Vorteile fallen zwar bei E-Autos größer aus, als bei Verbrennern, aber es werden eben auch Benzin und Dieselantriebe gefördert. Zudem fällt diese Subvention um so größer aus, je teurer ein Auto in der Anschaffung ist.
Milliarden für Verbrenner
Das schadet das dem Klima und ist teuer. Die Bundesregierung subventioniert jedes Jahr fossil betriebene Dienstwagen mit 13,7 Milliarden Euro, so T&E. In einer aktuellen Studie hat Environmental Resources Management (ERM) im Auftrag von T&E die sechs größten Automärkte Europas untersucht. Dabei zeigte sich: Deutschland ist bei diesen Subventionen sogar Spitzenreiter. Nur Italien bezahlt noch mehr mit 16 Milliarden Euro Subventionen für umweltschädliche Dienstwagen. Addiert man die Subventionen aller sechs Länder zusammen, kommt man auf einen Betrag von 42 Milliarden Euro pro Jahr.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat, was Subventionen angeht, keine klare Linie. Zur Abschaffung der E-Auto Prämie sagte erim ZDF-Interview: „Es ist ja keine Lösung, dauerhaft mit Subventionen einen Markt zu schaffen“. Stattdessen müsse dafür gesorgt werden, dass der Markt aus sich heraus funktioniere. Auf der anderen Seite scheint er an die Subventionierung von Dienstwagen mit Verbrennermotoren nichts ändern zu wollen.
Übrigens geht auch sein eigenes Haus (das Bundesministerium für Digitales und Verkehr) nicht gerade vorbildlich voran. Auf DW-Anfrage heißt es „ab dem Januar 2026 gilt als Mindestziel, dass 38,5 Prozent der neubeschafften Pkw und leichten Nutzfahrzeuge den Ausstoßwert von 0 g CO2/km nicht überschreiten“. Auch hier dürfen also weiterhin Verbrenner gefahren werden. Derzeit sind von den 34 Dienstfahrzeugen 18 Plug-in Hybride und nur 11 Elektrofahrzeuge.
Verpasste Chance für die Autoindustrie
Die langsame Elektrifizierung der Firmenwagen in Deutschland sei eine verpasste wirtschaftliche Chance für die deutsche Automobilindustrie, die über die niedrige Nachfrage nach E-Autos klagt, meint Susanne Goetz von T&E. „Marken wie VW und BMW setzten letztes Jahr 70 Prozent ihrer europäischen Verkäufe auf dem Firmenwagenmarkt ab, das Potential ist also groß“.
Selbst beim Verband der Autobauer wird das erkannt: „Firmenwagen sind ein enormer Booster für die schnelle Verbreitung klimafreundlicher, elektrischer Antriebe auf Deutschlands Straßen“, so Hildegard Müller die VDA-Präsidentin. Dieser Gedanke scheint aber noch nicht überall angekommen zu sein – auch nicht bei allen Autobauern.
So gibt beispielsweise der Autobauer BMW auf DW-Anfrage an „Wir sehen im Moment keine Notwendigkeit, in die Wahlfreiheit unserer Führungskräfte einzugreifen“. Das Ergebnis dieser Freiwilligkeit bei der Wahl: Weniger als ein Drittel der Dienstwagen sind voll elektrisch.
Zudem profitieren, so eine Studie, die unter anderem der WWF in Auftrag gegeben hat, von der Dienstwagenförderung größtenteils die einkommensstärksten zehn Prozent der Bevölkerung. Das sind jene, die mehr als 80.000 Euro Bruttojahresgehalt bekommen. Ob dieser Teil der Bevölkerung noch eine Förderung braucht, dürfte anzuzweifeln sein.
Erster kleiner Turbo
Immerhin hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Wachstumsinitiative nun auch E-Autos stärker im Blick: Bei neu zugelassenen rein elektrischen und emissionsfreien Fahrzeugen, die im Zeitraum von Juli 2024 bis Ende 2028 angeschafft werden, sollen Unternehmen die Investitionskosten schneller steuerlich geltend machen können. Die private Nutzung eines Elektro-Firmenwagens wird steuerlich noch stärker begünstigt als die eines Verbrenners.
Viviane Raddatz, Leiterin des Klima- und Energiebereichs beim WWF Deutschland hält es allerdings für sinnvoller, eine Besteuerung einzuführen, die von den CO2-Emissionen abhängt und vor allem kleine E-Autos zu fördern.
Sinnvoll wären natürlich auch andere Maßnahmen, wie die Förderung von Dienstfahrrädern oder von ÖPNV-Tickets. Zumal das dann auch andere Probleme lösen würde. Beispielsweise den hohen Flächenverbrauch durch parkende Autos. Auch die Bad Godesberger Alleen wären noch prachtvoller, wenn die warme Herbstsonne nicht auf parkende Karosserien scheinen würde.
+++ Keine Klima-News mehr verpassen – abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal +++
Autorin: Insa Wrede