Drei Tipps für den Alltag: Digitaler Stress macht krank: So schützen Sie Ihr Gehirn
Freitag, 14.02.2025, 14:37
Digitale Reizüberflutung setzt unser Gehirn unter Dauerstress. Longevity-Experte Gerd Wirtz erklärt, warum regelmäßige digitale Pausen essenziell für unsere Gesundheit und Konzentration sind.
Laut einer Bitkom-Umfrage plant mehr als ein Drittel der Internetnutzer in Deutschland eine digitale Fastenzeit. Grund dafür sind die wachsende Belastung durch ständige Erreichbarkeit, Benachrichtigungen und die unaufhörliche Informationsflut.
Gleichzeitig zeigen aktuelle Daten, dass die Bildschirmzeit in Deutschland kontinuierlich steigt:
– Fast 150 Minuten pro Tag verbringen wir am Smartphone, ohne Arbeit oder Telefonate einzurechnen.
– Beruflich wie privat verbringen viele über sieben Stunden täglich vor Bildschirmen – eine Dauerbelastung für Augen, Konzentration und Gehirn.
– 15 Prozent derjenigen, die sich eine digitale Auszeit vornehmen, brechen sie vorzeitig ab – der Verzicht fällt schwerer als gedacht.
Über Gerd Wirtz
Dr. Gerd Wirtz ist Neurophysiologe und seit vielen Jahren als Medizinmoderator, Bestsellerautor, Podcaster und Keynote Speaker auf internationalen Bühnen unterwegs. Seine Spezialgebiete sind Digital Health und Longevity. Seine Überzeugung, dass Digitale Medizin der entscheidende Schlüssel ist, um länger und gesünder zu leben, vermittelt er in seinen Vorträgen und Veröffentlichungen, kompetent und unterhaltsam. In seinen Podcasts „gesund&gesund“ und „beyond lifespan“ gibt er gemeinsam mit seinen Kollegen regelmäßig wertvolle Tipps zum gesunden Leben.
Doch warum fällt es uns so schwer, digitale Pausen einzulegen? Das liegt daran, dass unser Gehirn ständig auf Belohnung durch digitale Reize getrimmt wird. Jede neue Nachricht, jeder Social-Media-Post oder jedes Video triggert unser Belohnungssystem und sorgt für kleine Dopamin-Kicks.
Welche gesundheitlichen Auswirkungen hat die digitale Reizüberflutung?
Ständige Unterbrechungen durch digitale Benachrichtigungen erschweren es, fokussiert zu bleiben. Viele Menschen haben das Gefühl, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, doch in Wirklichkeit wechselt das Gehirn nur rasend schnell zwischen Aufgaben hin und her. Dieses „Task-Switching“ kostet Energie und reduziert die Fähigkeit, sich über längere Zeit hinweg auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Wer schon einmal eine E-Mail geschrieben hat, während nebenbei eine WhatsApp-Nachricht eintrudelt, weiß: Am Ende ist die Mail halb fertig, die WhatsApp unbeantwortet – und man selbst genervt.
Auch die Schlafqualität leidet unter der digitalen Dauerpräsenz. Das blaue Licht von Smartphones, Tablets und Laptops hemmt die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Dadurch bleibt der Körper in einem Wachzustand, selbst wenn wir eigentlich müde sind. Menschen, die regelmäßig bis spät in die Nacht auf Bildschirme schauen, haben häufiger Einschlafprobleme und eine schlechtere Schlafqualität. Auf Dauer kann sich dies negativ auf das Immunsystem, die kognitive Leistungsfähigkeit und das allgemeine Wohlbefinden auswirken.
Hinzu kommt die psychische Belastung durch ständige Erreichbarkeit. Viele Menschen fühlen sich verpflichtet, auf Nachrichten oder E-Mails sofort zu reagieren – sei es im beruflichen oder privaten Umfeld. Das Problem: Unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen „Chef will ein Update“ und „Freundin schickt lustiges Katzenvideo“ – Stress ist Stress.
Das führt dazu, dass der Körper verstärkt Cortisol ausschüttet. Kurzfristig hilft dieses Hormon, wach und leistungsfähig zu bleiben. Langfristig aber kann ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel negative Folgen haben, etwa ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ein geschwächtes Immunsystem oder eine schnellere Zellalterung.
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Warum Digital Detox auch ein Longevity-Faktor ist
Ein bewusster Umgang mit digitalen Medien kann nicht nur das Wohlbefinden im Alltag verbessern, sondern auch langfristig zur Gesundheit und Langlebigkeit beitragen.
Regelmäßige digitale Pausen senken das Risiko für stressbedingte Erkrankungen, verbessern die Konzentration und fördern besseren Schlaf. Chronischer digitaler Stress könnte langfristig sogar die Gehirnalterung beschleunigen.
Denn wer sich durch die digitale Reizüberflutung permanent gestresst fühlt, setzt sich einer konstanten Überlastung aus. Ein hoher Cortisolspiegel kann Entzündungsprozesse im Körper verstärken – ein Risikofaktor für altersbedingte Erkrankungen wie Demenz oder Herz-Kreislauf-Probleme.
Mit anderen Worten: Wer regelmäßig das Smartphone weglegt, könnte damit nicht nur seine Nerven, sondern auch seine Lebenszeit verlängern.
Drei einfache Wege, um Digital Detox in den Alltag zu integrieren
Ein kompletter Verzicht auf digitale Medien ist für viele Menschen nicht realistisch. Doch bereits kleine Veränderungen können helfen, den digitalen Stress zu reduzieren:
Technikfreie Zeiten vor dem Schlafengehen
Mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen auf Bildschirmzeit zu verzichten, kann die Schlafqualität deutlich verbessern. Wer in dieser Zeit ein Buch liest oder entspannende Routinen pflegt, schläft schneller ein und fühlt sich am nächsten Tag ausgeruhter.
Benachrichtigungen bewusst reduzieren
Die meisten Apps senden eine Flut an Benachrichtigungen, die oft gar nicht relevant sind. Wer Push-Mitteilungen bewusst deaktiviert oder nur für wichtige Anwendungen zulässt, kann seinen Fokus und seine Produktivität steigern.
Bewusste Offline-Momente in den Alltag einbauen
Ob beim Essen, beim Spazierengehen oder in Gesprächen – kleine „Digital Detox“-Momente schaffen bewusste Erholung für das Gehirn. Selbst kurze Zeiten ohne Smartphone und Laptop können dabei helfen, sich ausgeglichener und konzentrierter zu fühlen.
Eine Woche Digital Detox kann eine sinnvolle Herausforderung sein, um sich bewusster mit dem eigenen Medienkonsum auseinanderzusetzen. Doch für langfristige positive Effekte ist vor allem eine nachhaltige Veränderung der digitalen Gewohnheiten entscheidend. Dazu müssen wir nicht gleich das Smartphone in den Safe sperren. Schon kleine Anpassungen – weniger Benachrichtigungen, bewusst gesetzte Offline-Momente und eine digitale Nachtruhe – können helfen, langfristig gesünder, entspannter und fokussierter zu leben.
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