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    Doris Dörrie über ihr Buch „Wohnen“: Am liebsten schreibt sie in der Küche oder im Bett

    Unterwegs zu sein, anstatt sich irgendwo einzurichten in der Hoffnung, dass alles stabil bleibt – dieses Gefühl der Unsicherheit hat die Art, wie Doris Dörrie wohnt, geprägt, erzählt die Filmemacherin in SWR Kultur. Auch bei ihren Reisen für ihre Filme und Bücher konnte Dörrie auf der ganzen Welt studieren, wie Menschen wohnen. Darüber schreibt sie in ihrem Buch „Wohnen“.

    SWR Kultur: Sie haben unter anderem in Los Angeles im berühmten Hotel Chateau Marmor gewohnt, aber auch in New York in einem Obdachlosen-Hotel, weil die Zimmerpreise in der Großstadt so wahnsinnig teuer sind. Warum waren sie so rastlos?

    Doris Dörrie: Das versuche ich in diesem Buch herauszufinden. Es hat wahrscheinlich sehr stark mit der Erfahrung meiner Eltern zu tun. Beide wurden ausgebombt im Krieg und hatten dann immer das Gefühl, dass es keine wirklichen stabilen Verhältnisse gibt, dass einem jedes Haus auch weggenommen werden kann, dass es einstürzen kann und dass man auch sein Herz nicht an Besitz hängen sollte.

    Sie selbst haben immer sehr vom Reisen geträumt und haben das auch gemacht, wann immer sie konnten. Und ich glaube, das habe ich unterbewusst sehr stark aufgesaugt. Dieses Gefühl, dass das Unterwegssein die eigentlich einzig sichere Sache ist und nicht, das sich Einrichten und darauf zu hoffen, dass etwas stabil bleibt.

    Wohnen von Doris Dörrie

    Pressestelle

    Hanser Berlin

    Wohnen

    Autor:

    Doris Dörrie

    Verlag:
    Hanser Berlin
    Erscheinungsdatum:
    15.04.2025
    ISBN:
    978-3446279636

    Der vermeintliche Traumhaus-Traum

    SWR Kultur: Als sie in den USA gelebt haben, sind sie an Wochenenden gern zu Hausbesichtigungen gefahren, zum Beispiel in den Reichenvierteln von Los Angeles. Sie haben sich die Häuser aus Neugierde angesehen. Was haben sie erfahren über die Menschen anhand der Häuser, die sie besichtigt haben?

    Doris Dörrie: Das war natürlich nicht die Gesellschaft, sondern es war nur das obere eine Prozent. Und da war ich doch sehr erschrocken darüber, dass dieser immense Reichtum nicht zu besonders viel Geschmack geführt hat, in fast allen Fällen.

    Und dass diese Häuser zwar zum Teil unglaublich designed waren, aber so gar nicht persönlich. Sie haben nicht verraten über die Bewohner*innen und wirkten seltsam leer und unpersönlich.

    Ich selber konnte mir auch gar nicht vorstellen, jemals in so einem Haus wohnen zu wollen. Es war auf gar keinen Fall ein Traumhaus dabei – es wurde aber natürlich angepriesen als ultimatives Traumhaus.

    Ich fand das auch deshalb interessant, weil ich schon immer Geschichten geschrieben habe und mir immer vorstellen muss, wie diese Menschen, die ich erfinde, wohnen.

    Doris Durrry (Fil -Flavernmentalist),

    Am 15. April 2025 erscheint das neue Buch von Regisseurin und Autorin Doris Dörrie: „Wohnen“.

    IMAGO

    IMAGO / Sven Simon

    Wie viel Raum beanspruchen Frauen für sich?

    SWR Kultur: In diesen Häusern gab es immer auch ein sogenanntes „Manhole“: Meistens Fitnessräume, Hobbyräume oder Werkstätten. Sie haben sich dann erlaubt, auch mal nach dem „Womenhole“ zu fragen. Und dann wurde ihnen meistens der Hauswirtschaftsraum mit der Waschmaschine gezeigt, vielleicht auch noch die Küche. Warum ist ein solches Zimmer auch für Frauen wichtig?

    Doris Dörrie: Es ist eine komplizierte Sache. Ich habe sehr viel über meine Mutter geschrieben, die auch nie ein Zimmer für sich hatte. Ich hatte das. Aber ich hatte es schon als Schulkind.

    Da bekam ich mein eigenes Zimmer, um eine Schularbeiten machen zu können. Und das hat doch, glaube ich, sehr viel für mich bedeutet, dieses Zimmer zu haben, wo ich mich zurückziehen konnte und wo ich vor allem eben auch lesen und dann schreiben konnte. Es prägt, das man diesen Raum haben durfte.

    Wieviel Raum bekommen wir als Frauen? Wie viel Raum gestatten wir uns aber auch selbst? Wie viel Raum beanspruchen wir?

    Darüber habe ich nachgedacht in dem Buch. Und tatsächlich ist es bis heute so, dass Frauen das nur sehr, sehr selten haben und die Frage, die sich daran anschließt, ist: Wieviel Raum bekommen wir als Frauen? Wie viel Raum gestatten wir uns aber auch selbst? Wie viel Raum beanspruchen wir?

    Ich habe in Gesprächen immer wieder gehört, dass auch junge Frauen sich das immer noch nicht so wirklich nehmen. Weil es doch immer die Frage nach der Nützlichkeit stellt. Sind wir noch nützlich als Frauen in einer Wohnung, wenn wir uns zurückziehen und nur schreiben?

    Das fand ich bestürzend, dass das bis heute anhält. Und besonders gut hat man das natürlich in der Pandemie gesehen, wo Frauen wieder Versorgerinnen waren und ganz bestimmt nicht diesen Raum für sich alleine hatten, in denen sie sich zurückziehen konnten.

    Ein weiteres Problem: Die Mietpreise steigen und es gibt zu wenig Wohnraum in Deutschland. Und ich finde das, was gebaut wird, ist selten einladend und dazu auch noch wahnsinnig teuer.

    Mehr japanische Architektur

    SWR Kultur: Haben Sie auf ihren Reisen Wohnkonzepte gesehen, von denen wir etwas lernen können?

    Doris Dörrie: Mehr klassisch japanische Architekturmodelle! Das finde ich nicht nur sehr, sehr schön, sondern auch sehr praktisch. Man wohnt fast wie in Modulen, wenn man die Schiebetüren aufmacht. Da kann man immer weiter die Räume vergrößern oder wieder verkleinern. Das ist eine Idee, die für uns alle sehr praktisch und vielleicht auch sehr schön wäre, wenn wir den Wohnraum nach unseren Bedürfnissen verändern könnten.

    Die Architektur hängt unseren doch sehr veränderten Bedürfnissen sehr stark hinterher. Das sind natürlich auch stark veränderte Wohnbedürfnisse von Frauen, die sich zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte seit ein paar Jahren leisten können, alleine wohnen zu wollen und zu können.

    Traditioneller japanischer Raum mit Tatami-Matten und Shoji-Raumteilern.

    In traditionell japanischen Häusern können Raumgrößen durch Shoji, Raumteiler aus Holz und Papier, individuell angepasst werden.

    IMAGO

    IMAGO / Zoonar

    SWR Kultur: Sie sind sehr viel umgezogen. Haben Sie denn mittlerweile einen Wohnraum gefunden, der ihren Bedürfnissen zumindest sehr nahe kommt?

    Ich habe eigentlich immer noch nicht so wirklich das Bedürfnis, in einen Raum zu gehen und die Tür zuzumachen, weil es schwierig ist, mir diese Wichtigkeit herauszunehmen. Ich schreibe noch immer am liebsten in der Küche oder im Bett.

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