HomeNachrichtErnährungsforscher warnt: „Diese Studien liefern nur Spekulationen – keine Fakten“

Ernährungsforscher warnt: „Diese Studien liefern nur Spekulationen – keine Fakten“

Was zeigt die neue Studie zum Zusammenhang zwischen Joghurtkonsum und Dickdarmkrebs?

Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse zahlreicher Beobachtungsstudien hat ergeben: Höherer Joghurtkonsum ist mit einem geringeren Risiko für Dickdarmkrebs verbunden. Die Forscher fanden heraus, dass Menschen, die zwei oder mehr Portionen Joghurt pro Woche aßen, etwas weniger häufig an Dickdarmkrebs erkrankten.

Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Verzehr von Joghurt das Mikrobiom (früher „Darmflora“) verändert und so eine Schutzwirkung gegen einige Arten von Dickdarmkrebs haben könnte. Wir sprechen hier, wie immer, im Konjunktiv³, also die Aussagekraft ist enorm schwach. die Studie sagt nicht viel aus.

Uwe Knop, Jahrgang 1972, ist Diplom-Ernährungswissenschaftler, Buchautor, und Referent für Vorträge bei Fachverbänden, Unternehmen und auf Ärztefortbildungen. Sein neues Buch

“ENDLICH RICHTIG ESSEN” erschien im August 2024.

Warum sagen solche Studien nicht viel aus?

Weil das Ziel dieser Ernährungsbeobachtungsstudie es war, ausschließlich einen banalen statistischen Zusammenhang zwischen Joghurtkonsum und dem Risiko einer Darmkrebserkrankung zu untersuchen und diesen zu veröffentlichen. Doch solche Assoziationen sind hoch spekulativ, sie sagen nicht viel aus. Denn es gilt der klare wissenschaftliche Grundsatz: Aus Korrelationen lassen sich keine Beweise (Kausalitäten) ableiten – aber genau die braucht man, um klare Aussagen und Empfehlungen zu geben,

Warum kann die Ernährungswissenschaft diese Beweise nicht liefern?

Ernährungsforschung gleicht dem bemitleidenswerten  Lesen einer Glaskugel, weil zahlreiche Limitierungen im Studiendesign keine Rückschlüsse auf Ursache-Wirkungs-Beziehungen erlauben – das nennt man Kausalevidenzalso echte Beweise, und die gibt es nicht. Stattdessen können die Wissenschaftler nur Korrelationen beobachten, also sie sehen banale statische Zusammenhänge – wissen aber nicht, wie und ob diese auch ursächlich in Beziehung stehen. Daher sind nur Hypothesen und Vermutungen möglich – aber klare Fakten, die gibt es nicht.

Als Beispiel, nehmen wir an, die Forschung hätte gezeigt: „Menschen, die öfter Strümpfe tragen, leben durchschnittlich ein Jahr länger als Menschen, die vorwiegend Socken anziehen.“ Aus diesem beobachteten Zusammenhang, also dieser Korrelation zwischen „Fußbedeckung & Lebenslänge“ lässt sich jedoch keinesfalls die Kausalität ableiten: „Strümpfe verlängern das Leben!“ – und schon gar nicht die Empfehlung: „Liebe Bürger, zieht Strümpfe an, damit lebt ihr länger als in Socken.“

Denn: Die Ursachen für das längere Leben der Strumpfträger sind: unbekannt! Tauschen Sie jetzt einfach Strümpfe gegen Vollkornbrot und Socken gegen Weißbrot – dann wissen Sie, was die Ernährungsforschung macht. Das ist der alltägliche Wahnsinn, den Sie stets aufs Neue in den Medien lesen. Man kommt sich vor wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Warum gleicht die mediale Ernährungs-Berichterstattung dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“?

Jeden Tag wachen wir auf und die Medien sind schon wieder voll mit Beiträgen zu den „neusten Studien zu gesunder Ernährung“ – die allesamt, wie immer, ausschließlich auf Beobachtungsstudien basieren – und damit nur weiteres Öl ins Feuer der Spekulationen, Hypothesen und Vermutungen gießen.

Beispielweise „grüßten die Medienmurmeltiere“ jüngst erst mit Berichten zu  „Milch schützt vor Darmkrebs“ und kurz danach machte  „Fleischessen dumm und dement“. Es ist immer das gleiche Schema. Sie bringen uns alle aber keinen Schritt weiter – selbst wenn noch eine Million davon veröffentlicht wird und davon morgen wieder in den News berichtet wird.

Das System der Beobachtungsstudien im Bereich Ernährung hat ausgedient. Es kann abgeschafft werden. Wir haben genug davon publiziert – und zwar inzwischen soviel, dass für alle nur erdenklichen „Besser-Esser-Hypes“ die passenden Korrelationen vorliegen.

Jeder x-beliebige Ernährungsinfluencer und Essguru kann sich daraus inzwischen „seine gesunde Ernährung“ ganz gezielt zusammenkorrelieren – das nennt sich dann „wissenschaftlich belegt“, natürlich. Es reicht. Die Fördergelder sollten lieber für etwas wirklich sinnvolles investiert werden, zum Beispiel zur Finanzierung eines bundesweiten kostenlosen Mittagessens in allen Schulen – und zwar aus hochwertigen, frischen und abwechslungsreichen Lebensmitteln komponiert. Jeder dieser Teller, der serviert werden kann, ist besser und mehr wert als die nächste Beobachtungsstudie.

Soll ich jetzt Joghurt auf „gut Glück“ löffeln, um auf weniger Darmkrebs zu hoffen?

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – also ja! Spaß beiseite: Wem Joghurt schmeckt, der sollte ihn essen – aber ohne dabei an Darmkrebs zu denken. Seien Sie sich lieber bewusst, dass fermentierte Lebensmittel durchaus gesund sein können.  Sauerkraut, Joghurt, Kombucha, Kefir und Kimchi erleben nicht umsonst ein Comeback – denn sie schmecken nicht nur, sondern liefern auch noch ordentlich „Zusatzpower“, die guttut. Denn durch die Fermentation – also den mikrobiellen Umbauprozess – passiert so einiges, das die Gesundheit fördern könnte.

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