Mehr als sieben Jahre ist es nun her, dass Forschende im Sternbild Cetus (Walfisch) auf den Exoplaneten LHS 1140 b stießen. Er umkreist einen Zwergstern vom Typ M und fällt vor allem durch sein Aussehen auf. Denn zunächst einmal sieht der Himmelskörper aus wie ein zu klein geratener Neptun. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat der Planet seit seiner Entdeckung nicht mehr ruhen lassen. Sie vermuten in ihm nämlich ein großes Potenzial.
Exoplanet LHS 1140 b unter der Lupe
Hielt man ihn zunächst für einen dem Neptun ähnlichen – wenngleich weit kleineren – Gasplaneten, zeigten Daten des James Webb Space Telescope (JWST) doch etwas anderes. Kombiniert mit vorherigen Befunden der Weltraumteleskope Spitzer, Hubble und TESS stellten Forschende fest, dass der Körper nämlich nicht nur fest, dass der Körper in der habitablen Zone seines Sterns liegt, sondern es sich bei ihm noch dazu um einen Gesteinsplaneten handelt.
Noch 2017, im Jahr seiner Entdeckung, schätzte eine Studie die Masse des Exoplaneten auf das 6,6-fache der Erde, mit einem 1,4-fachen Erdradius. Diese Arbeit identifizierte LHS 1140 b auch bereits als großen Gesteinsplaneten, eine sogenannte Supererde, anstelle eines Mini-Neptuns. Allerdings herrschte darüber in der wissenschaftlichen Gemeinschaft aufgrund der Ungenauigkeit bisheriger Daten Uneinigkeit.
Eine neue Studie Forschender der Université de Montréal (UdeM) wirft ein neues Licht auf diese Debatte. „Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass LHS 1140 b entweder luftleer ist oder, was wahrscheinlicher ist, von einer Atmosphäre mit einem hohen mittleren Molekulargewicht umgeben ist“, erklärte das Team darin und legte damit nahe, dass es sich um einen Gesteinsplaneten handeln müsse. „Unsere vorläufigen Hinweise auf eine N2-reiche Atmosphäre sind ein starker Anreiz für zukünftige Transmissionsspektroskopie-Beobachtungen von LHS 1140 b.“
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Wasserwelt oder Schneeball?
Die Analyse der kombinierten Daten erlaubte es dem Team um den Doktoranden Charles Cadieux vom Trottier Institute for Research on Exoplanets (iREx) der UdeM die Mini-Neptun-Theorie beinahe vollständig auszuschließen. Noch dazu legte sie nah, dass er ein besonders hohes Potenzial für die Existenz außerirdischen Lebens berge.
Der hohe Stickstoffgehalt der Atmosphäre könnte darauf hinweisen, dass LHS 1140 b über flüssiges Wasser verfüge, erklärten die Forschenden weiter. Ihre Entdeckung spreche für ein Wasserwelt/Schneeball-Szenario. Darunter versteht man Planeten oder Monde, die entweder von Wasser oder von Eis bedeckt sind. Wasserwelten haben flüssige Oberflächen, oft unter Eis. Schneeball-Planeten sind komplett gefroren. Beide Modelle sind wichtig für die Suche nach lebensfreundlichen Bedingungen.
„Von allen derzeit bekannten gemäßigten Exoplaneten könnte LHS 1140 b unsere beste Chance sein, eines Tages indirekt flüssiges Wasser auf der Oberfläche einer fremden Welt jenseits unseres Sonnensystems nachzuweisen“, zitierte die UdeM Cadieux im Rahmen einer Pressemitteilung. „Dies wäre ein wichtiger Meilenstein bei der Suche nach potenziell bewohnbaren Exoplaneten.“
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„Wir brauchen mindestens ein weiteres Jahr an Beobachtungen“
Bei den Erkenntnissen der Studie handelt es sich bislang lediglich um vorläufige Resultate – allerdings auf Basis einer vergleichsweise breiten Datenbasis. Umso wichtiger sei es der UdeM zufolge, LHS 1140 b weiterführend zu untersuchen. Nur so könne man in Erfahrung bringen, ob es sich bei ihm um eine Wasserwelt, einen Schneeball-Planeten oder womöglich nichts von beidem handelt.
Man müsse mit dem JWST zusätzliche Transit- und Finsternismessungen durchführen, die sich auf ein bestimmtes Signal konzentrieren. Es es ebendieses Signal, dass die Anwesenheit von Kohlendioxid (CO2) bestätigen oder verwerfen könnte. Das Gas ist eines der wichtigsten Merkmale für die atmosphärische Zusammensetzung sowie den Nachweis potenzieller Treibhausgase. Diese wiederum könnten auf bewohnbare Bedingungen auf dem Exoplaneten hinweisen.
„Der Nachweis einer erdähnlichen Atmosphäre auf einem gemäßigten Planeten stößt an die Grenzen der Möglichkeiten von Webb – es ist machbar, wir brauchen nur viel Beobachtungszeit“, sagte Professor René Doyon, der leitende Forscher des Near Infrared Imager and Slitless Spectrograph (NIRISS) des JWST, der die Studie beaufsichtigte. Der Hinweis auf eine stickstoffreiche Atmosphäre müsse durch weitere Daten bestätigt werden. „Wir brauchen mindestens ein weiteres Jahr an Beobachtungen, um zu bestätigen, dass LHS 1140 b eine Atmosphäre hat, und wahrscheinlich zwei oder drei weitere, um Kohlendioxid nachzuweisen.“
Quellen: „Eine gemäßigte felsige Supererde, die einen nahegelegenen kühlen Stern durchquert“ (Nature, 2017); „Transmission Spectroscopy of the Habitable Zone Exoplanet LHS 1140 b with JWST/NIRISS“ (arXiv, 2024); Universität Montreal
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