HomeNachrichtFasten versetzt den Körper in „Better-Aging-Programm“, wenn Sie einen Fehler vermeiden

Fasten versetzt den Körper in „Better-Aging-Programm“, wenn Sie einen Fehler vermeiden

Fastenphasen sind in der Menschheitsgeschichte gut etabliert. Wenn die Nahrung aufgrund von Missernten oder ausbleibendem Jagderfolg knapp war, musste für Tage oder Wochen die Nahrungszufuhr eingeschränkt werden. Auch in den meisten Religionen sind Fastenzeiten fest verankert. Unser Organismus hat sich an die gelegentliche Kalorienreduktion gut angepasst.

Obwohl sich Fasten nicht anfühlt wie ein Wohlfühlprogramm, ist es enorm gesund. Wenn für eine gewisse Zeit auf feste Nahrung verzichtet oder die Kalorienzufuhr deutlich eingeschränkt wird, setzt unser Körper ein „Better-Aging-Programm“ in Gang, das uns langfristig fitter und leistungsfähiger macht.

Fasten reduziert Entzündungen, senkt den Blutzucker- und Insulinspiegel, regt Regenerationsprozesse an und hat auch nachweislich eine verjüngende und wahrscheinlich auch eine lebensverlängernde Wirkung. Jede Art von Kalorienreduktion setzt diese Regenerationsprozesse in Gang. Das lässt sich auch über Speziesgrenzen hinweg feststellen und funktioniert beim Mehlwurm genauso wie bei Nagetieren, Rhesusaffen oder Menschen.

Ein gesundes, vielfältiges Mikrobiom scheint die Wirkung des Fastens noch zu unterstützen.

Michaela Axt-Gadermann ist Ärztin und Professorin für Gesundheitsförderung im Studiengang „Integrative Gesundheitsförderung“ an der Hochschule Coburg. Sie hat zahlreiche Bücher zu Ernährung, Mikrobiom und Darmgesundheit sowie zu dermatologischen Themen geschrieben. Außerdem hat sie ein lizensiertes, von den Krankenkassen anerkanntes Online-Ernährungscoaching („Gesund mit Darm“) entwickelt. Mehr Informationen finden Sie auch auf der Webseite “Schlank mit Darm” und “Mikrobiom-Fasten”

Artenreiches Mikrobiom schützt vor Krankheiten

Unter dem Mikrobiom, früher war der Begriff „Darmflora“ geläufig, versteht man die Gesamtheit aller Bakterien, Viren und Pilze im Darm, auf der Haut oder den Schleimhäuten. Dank neuer Analysemethoden ist die Bedeutung der Darmbakterien für die menschliche Gesamtgesundheit seit Anfang der 2000er Jahre immer mehr in den Fokus gerückt.

Das Darmmikrobiom fasziniert Forscher weltweit. Heute steht fest, dass das Mikrobiom, je nach Zustand, das Risiko für fast alle Erkrankungen erhöhen oder senken kann. Das trifft auf Depressionen und neurodegenerative Erkrankungen ebenso zu wie auf Allergien und Autoimmunerkrankungen, Übergewicht und Diabetes mellitus oder Krebserkrankungen und Arteriosklerose.

Das Mikrobiom in einem guten Zustand zu halten, stellt deshalb einen wissenschaftlich fundierten Ansatz der Prävention und Gesundheitsförderung dar. Artenreichtum, Vielfalt und Diversität, also das Vorhandensein zahlreicher unterschiedlicher Bakterien, ist ein wichtiges Kriterium für eine intakte Darmflora.

Das Darmmikrobiom profitiert von einer ballaststoffreichen Ernährung, von regelmäßiger Bewegung und einem nicht allzu hygienischen Lebensumfeld. Fasten ist eine weitere Möglichkeit, um den Zustand des Mikrobioms zu verbessern. Allerdings sind die Effekte abhängig von den Begleitumständen des Nahrungsverzichts.

Studien, die das Ramadan-Fasten näher untersuchten, vermuten, dass neben dem Fasten vor allem auch die Nahrungsmittel, die nach dem Fastentag verzehrt werden, zu den Veränderungen des Mikrobioms beitragen. Fehlen Ballaststoffe und wichtige Nährstoffe, dann verbessern sich nicht alle Parameter in eine gleichermaßen positive Richtung.

Fasten macht das Mikrobiom gesünder – wenn es ohne Darmreinigung geschieht

Fasten ist gesund – begleitende Maßnahmen wie Darmreinigungen, trockene Weißmehlsemmeln mit leeren Kohlenhydraten oder „Kur-Wein“, der noch immer Bestandteil mancher Heilfastenkuren ist, sind es nicht. Fasten wirkt auch ohne diese Maßnahmen und die Effekte auf die Gesundheit sind sogar besser, wenn auf „Althergebrachtes“ verzichtet wird.

Die Konzepte der klassischen Heilfastenkuren sind zwischen 100 und 200 Jahre alt und werden seitdem mit geringen Variationen beibehalten. Damals war das Mikrobiom noch unbekannt, Ernährungswissenschaften gab es nicht. Bis auf wenige Ausnahmen fehlen aktuelle wissenschaftliche Studien, die die Effekte der unterschiedlichen Heilfastenkuren auf das Darmmikrobiom systematisch untersucht haben.

Bei vielen Heilfastenkuren gehören regelmäßige, teilweise tägliche Darmreinigungen mit Glaubersalz, Bittersalz oder Colon-Hydrotherapien zum festen Ritual und sind sogar in den Leitlinien der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung verankert.

Je nach Dauer der Heilfastenkur wird zehnmal oder auch noch häufiger abgeführt und der Darm „durchgespült“. Doch wissenschaftliche Studien, die sich mit der Darmreinigung als vorbereitende Maßnahme auf eine Darmspiegelung beschäftigen, legen nahe, dass bereits einmaliges Abführen das Mikrobiom schädigen kann. Die Vorbereitung auf eine Darmspiegelung ist einer der wenigen Gründe, die diese Abführmaßnahmen rechtfertigen.

In einer Übersichtsarbeit analysierte eine italienische Forschergruppe die Ergebnisse von sieben Studien, die sich mit den Auswirkungen einer Darmreinigung auf die das mikrobielle Gleichgewicht im Darm beschäftigten. Sie stellten fest, dass die Darmreinigungen einen unmittelbaren Einfluss auf Balance und Zusammensetzung des Mikrobioms hatten, vergleichbar mit denen einer längeren Antibiotikatherapie. Häufig wurde ein starker Rückgang wichtiger Milchsäurebakterien beschrieben sowie eine deutliche Zunahme entzündungsfördernder Mikroorganismen.

Abführmittel erhöhen Demenzrisiko

Zudem ergab eine Auswertung der Daten von mehr als 500 000 Personen, die in der UK Biobank gespeichert sind, dass die regelmäßige Verwendung von Abführmitteln Demenz begünstigen kann. Vor allem für die Einnahme so genannter „osmotischer Abführmittel“, zu denen auch Glaubersalz und Bittersalz zählen, ließ sich ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für Demenz nachweisen.

Die Autoren vermuten, dass die Veränderung des Darmmikrobioms die Produktion zahlreicher Neurotransmitter beeinflusst und dadurch auf Dauer die kognitiven Funktionen beeinträchtigt. Durch die veränderte bakterielle Zusammensetzung nach dem Abführen könnte sich auch die Produktion von Darmgiften erhöhen und die Darmbarriere beschädigt werden, wodurch neurotoxische Stoffwechselprodukte vermehrt aus dem Darm zum Gehirn gelangen und dort Schäden verursachen.

Fastenkrise durch Elektrolytverlust und Koffeinentzug

Unter der so genannten Fastenkrise verstehen Fastenleiter eine Schwächephase, die meistens am zweiten oder dritten Tag eintritt. Sie ist gekennzeichnet durch Kreislaufprobleme, Schwindel, Müdigkeit und Erschöpfung sowie oft starke Kopfschmerzen. Als Erklärung werden gerne „Entgiftungsprozesse“ angeführt.

Wahrscheinlicher sind aber Austrocknung und Elektrolytstörungen durch die mit Abführmitteln künstlich herbeigeführten, teilweise massiven Durchfälle schuld an den Problemen. Bei Fastenden, die ein mikrobiomfreundliches Fasten durchführen und auf Glaubersalz und Co. verzichten, bleibt auch die Fastenkrise aus.

Trinken die Fastenden täglich ein, zwei Tassen Kaffee, dann müssen sie sich auch nicht mit Kopfschmerzen herumquälen, denn diese sind fast immer auf den  Koffeinentzug zurückzuführen und haben mit Entgiftung nichts zu tun.

Und die eine oder andere Tasse Kaffee macht das Fasten nicht nur erträglicher, sondern unterstützt die günstigen Effekte des Nahrungsverzichts. Kaffee macht das Mikrobiom gesünder und artenreicher und verstärkt sogar noch die Fasteneffekte.

Normalerweise setzt die Autophagie, der Prozess der Selbstreinigung der Zelle, nach 14 bis 16 Stunden Nahrungskarenz ein. Mit einer Tasse Kaffee, egal ob mit oder ohne Koffein, geht’s viel schneller. Schon nach vier Stunden beginnt dann der Organismus mit dem zellulären Verjüngungsprozess.

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