Jason Schreier hat ein Buch mit dem Titel „Play Nice – The Rise, Fall, and Future Of Blizzard Entertainment“ herausgebracht. In einer „Ask Me Anything“-Runde verriet der Branchen-Insider jetzt einige pikante Details zum Entwickler von WoW, Diablo und StarCraft.
Wer ist Jason Schreier? Der Bloomberg-Mitarbeiter gilt als einer der bekanntesten sowie einflussreichsten Investigativ-Journalisten der Games-Branche. Seine Recherchen und Berichte liefern Einblicke in problematische Projekte wie Anthem, Diablo 4 (via Kotaku) oder Destiny 2, sie decken Skandale auf (etwa bei Blizzard) und geben den Betroffenen eine Stimme.
Nach „Press Reset“ und „Blood, Sweat, and Pixels“ hat Schreier jetzt sein drittes Buch mit dem Titel „Play Nice – The Rise, Fall, and Future Of Blizzard Entertainment“ veröffentlicht, um die 33-jährige Geschichte des Studios hinter beliebten Franchises wie Warcraft, StarCraft und Diablo zu beleuchten.
Dank WoW: The War Within ist Blizzard derzeit wieder im Aufwind. Doch für wie lange?
Pikante Details und Anekdoten über Blizzard
Was für Einblicke gewährt Jason Schreier in seinem Buch? Wer die zahlreichen Blizzard-Reportagen des Autors für Bloomberg und davor Kotaku gelesen hat, der oder die könnte eine gute Ahnung davon haben, wie detailliert Jason Schreier auf Themen wie den Sex-Skandal, das PR-Desaster rund um die Ankündigung von Diablo Immortal oder die Probleme von Warcraft 3 Reforged eingehen kann.
In das Buch sollen die Erkenntnisse aus mehr als 350 Interviews mit Menschen aus dem Umfeld von Blizzard oder Activision Blizzard eingeflossen sein. In einer „Ask Me Anything“-Runde auf Reddit gab er von seinem Insider-Wissen eine spannende Kostprobe. Hier einige der Nuggets aus Schreiers Antworten:
- Blizzard gehörte kurzzeitig einem Unternehmen mit dem Namen Cendant, gegen das die „Securities and Exchange Commission“ wegen massiven Betrugs ermittelte und dessen CEO schließlich ins Gefängnis gehen musste.
- Zwischen Chris Metzen (Lore-Guru für die großen Blizzard-Franchises) und Rob Pardo (war von 1997 bis 2014 bei Blizzard, unter anderem als Chef-Entwickler für WoW) soll es eine Lennon/McCarthy-eske Fehde gegeben haben. Schuld daran war wohl unter anderem der damalige Führungsstil von Pardo gewesen sein.
- Abseits des Sex-Skandals soll es einvernehmliche Swinger-Partys unter Blizzard-Mitarbeitern gegeben haben, durch die das professionelle Umfeld und Machtgefüge gelitten haben könnte.
- Mike Morhaime ist vor allem deswegen als CEO zurückgetreten, weil er es leid war, mit Bobby Kotick um die Kontrolle von Blizzard zu kämpfen – speziell nach der Einstellung von Projekt Titan.
- Overwatch war ein riesiger Erfolg. Das Team war schnell überfordert, weil es neue Inhalte für das Service-Game liefern, bei der Overwatch League aushelfen und Overwatch 2 entwickeln sollte. Die Lösung von Kotick: Die Einstellung von hunderten Mitarbeitern, um etwas wie bei den Call-of-Duty-Teams aufzubauen. Das zerstörte jedoch die Kultur und sorgte für viele weitere Probleme.
- Das Credo „Die Spieler zuerst“ wird bei Blizzard von vielen Mitarbeitern gelebt. Sie nutzen die BlizzCon, um ihren positiven Tank aufzuladen, wodurch sie besser durch harte Crunch-Phasen oder Zeiten kommen.
- Schreier ist aber auch über einige Ereignisse gestolpert, in denen Spieler einen stark negativen Einfluss auf Blizzard genommen haben. Als Beispiel nennt er das toxische Verhalten von Teilen der Community gegenüber Jay Wilson nach dem Launch von Diablo 3 und wie negativ sich dadurch das Leben des Entwicklers verändert hat.
- Bei Blizzard gab es ein Team, das über Jahre allerlei Pitches und Prototypen für ein neues Echtzeitstrategie-Spiel entwickelt hat – darunter Warcraft 4 und ein RTS für Call of Duty. Es gab jedoch nie das „Go“ von den Entscheidern. Irgendwann kündigten viele Entwickler des Teams dann, um bei Frost Giant an Stormgate zu arbeiten.
- Die Verschärfung der Monetarisierung von Blizzard-Games kam nicht durch Druck von Activision, sondern, weil Blizzard nach dem enormen Erfolg von WoW unfassbar gewachsen war und entsprechend viel Geld im Monat verbrannte. Bobby Kotick erhöhte erst nach der Einstellung von Titan sukzessive den Druck, wobei viele Teams davon erst 2017/2018 etwas mitbekamen.
- Dass für Diablo 3 keine weitere Erweiterung kam, lag an der Streichung des Auktionshauses. Ohne die Umsätze vom AH brachte D3 nicht genug Geld ein, um die Entwickler eines weiteren Addons zu rechtfertigen.
- Zwischenzeitlich befanden sich Netflix-Serien für Warcraft, Overwatch und Diablo in der Produktion. Als der Streaming-Anbieter anfing, Mitarbeiter von Activision Blizzard abzuwerben, wurden die Projekte jedoch eingestellt – und es kam zu einer Klage (via variety.com).
- Dass Blizzard seine Angestellten lange Zeit sehr schlecht bezahlt hat, sorgte unter anderem direkt für die Gründung von ArenaNet (Guild Wars) und Carbine (WildStar) durch ehemalige Blizzard-Mitarbeiter.
In der AMA-Runde verriet Jason Schreier übrigens, dass er mit Blizzard-Titeln wie Warcraft 2, StarCraft und Diablo 2 aufgewachsen ist (und dort viel zu viel Zeit reingesteckt hat). Auch in StarCraft 2 investierte er hunderte Stunden. In der Anfangszeit von WoW war er am Start, um den Geschmolzenen Kern unsicher zu machen. Und er zockte Diablo 3 und Diablo 4 (wenn auch nicht mehr so intensiv).
Nicht nur Jason Schreier analysiert das, was bei Blizzard passiert ist, sondern auch MeinMMO. Ähnlich wie der Bloomberg-Journalist sind auch wir zu dem Schluss gekommen: Nicht Activision hat das „gute, alte Blizzard“ auf dem Gewissen, sondern der Erfolg von WoW.