HomeNachrichtHKM und Thyssenkrupp: Beschäftigte müssen weiter zittern

HKM und Thyssenkrupp: Beschäftigte müssen weiter zittern

Duisburg. Im Aufsichtsrat der Stahlsparte von Thyssenkrupp gibt es weiter keine Einigkeit über die Zukunft. Für HKM gibt es aber eine klare Ansage.

Von wegen „Tag der Entscheidung“: Für die Belegschaft von Thyssenkrupp Steel (TKS) und der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) geht das Zittern weiter. Eine Marathonsitzung des Aufsichtsrats ist am Freitagnachmittag ohne Einigung in den wesentlichen Streitfragen zu Ende gegangen. Es sei lediglich die erste Halbzeit in der Debatte um die Zukunft gewesen, erklärte Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel am Freitagabend im Anschluss an die Sitzung. Nun gehe es in die zweite Halbzeit.

Weil im Aufsichtsrat keine grundlegende Einigung über die künftige Finanzierung gefunden wurde, soll nun ein Gutachten klären, wie viel Geld Thyssenkrupp seiner Stahltochter mitgeben muss, damit sie dauerhaft selbstständig überlebensfähig ist. Gabriel betonte allerdings, dass dem Stahlkonzern keine Insolvenz drohe. Die Finanzierung sei für die kommenden 24 Monate sichergestellt. Eine klare Ansage machte Gabriel aber in Richtung HKM: Wenn ein Verkauf scheitere, werde das Tochterunternehmen geschlossen.

Die Sitzung des Aufsichtsrats war mit Spannung erwartet worden. Eigentlich sollte bereits am Montag vergangener Woche die große Entscheidung fallen, vom „Tag der Wahrheit“ war im Vorfeld die Rede. Doch dann sagte Sigmar Gabriel, Ex-Vizekanzler und Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp Steel, die angesetzte Aufsichtsratssitzung kurzfristig ab. Nun tagte das Gremium an diesem Freitag außerordentlich – und außerordentlich lang. Für drei Stunden war die Sitzung ursprünglich angesetzt worden. Am Ende wurden es fast sechs Stunden.

Konflikte um Arbeitsplätze und Millionen

Dafür reisten heute alle entscheidenden Personen nach Duisburg an. Neben Aufsichtsratschef Gabriel und Stahlchef Bernhard Osburg nahmen auch Konzernchef Miguel López sowie der neue Investor Daniel Kretinsky an der Sitzung teil. Schon im Vorfeld war klar gewesen, dass die Stimmung alles andere als entspannt werden würde. Denn es ging um nicht weniger als um die Zukunft des größten deutschen Stahlunternehmens.

Mitten in der aufgebrachten Menge: Sigmar Gabriel vor der Sitzung des Aufsichtsrats

Mitten in der aufgebrachten Menge: Sigmar Gabriel vor der Sitzung des Aufsichtsrats
© FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Konkret stellt sich derzeit die Frage, wie viele Jobs im Rahmen einer Sanierung bei Thyssenkrupp wegfallen – und ob die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden verkauft werden. Insgesamt arbeiten 27.000 Menschen bei Thyssenkrupp Steel, 13.000 davon in Duisburg.

Die Stahlsparte des Industriegiganten Thyssenkrupp leidet unter den hohen Energiekosten und an günstiger Konkurrenz aus China. López will die Stahlsparte deswegen ausgliedern und gemeinsam mit dem tschechischen Unternehmerr Kretinsky auf grünen Stahl umbauen. Vor einigen Tagen hat Kretinsky die ersten 20 Prozent des Unternehmens übernommen, weitere 30 Prozent sollen folgen.

Klare Kante: Thyssenkrupp-Chef Miguel Ángel López Borrego ist derzeit auf Konfrontationskurs.

Klare Kante: Thyssenkrupp-Chef Miguel Ángel López Borrego ist derzeit auf Konfrontationskurs.
© FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Doch die Ausgliederung wird, so viel ist klar, viel Geld kosten – und viele Arbeitsplätze. Entsprechend verlaufen auch seit Monaten die Konfliktlinien um Jobs und Millionen:

Der Millionen-Konflikt: López will der angeschlagenen Tochter möglichst wenig Geld mit auf den Weg geben, um den Mutterkonzern nicht zu schwächen. Thyssenkrupp Steel möchte möglichst viel Mitgift, um sicher für die Zukunft aufgestellt sein. Die Rede ist von heftigen Konflikten zwischen Osburg und López. Derzeit klafft eine Lücke im Milliardenbereich.

Der Job-Konflikt: Die IG Metall ist bei den Plänen grundsätzlich skeptisch und liegt inzwischen mit López völlig über Kreuz. Der hatte die im Stahl traditionell starken Arbeitnehmer bei seinem Deal mit Kretinsky nicht eingebunden. Seit Monaten demonstrieren immer wieder Tausende Stahlarbeiter gegen die Pläne. Am Donnerstagabend hatten sie symbolisch 300 Holzkreuze und Grablichter aufgestellt, dazu einen Sarg und ein Bild von López als Totengräber von Thyssenkrupp Steel.

Holzkreuze vor der Hauptverwaltung: der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel macht derzeit Stimmung gegen die Pläne der Konzernmutter.

Holzkreuze vor der Hauptverwaltung: der Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel macht derzeit Stimmung gegen die Pläne der Konzernmutter.
© FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Im Vorfeld war der Druck vor allem auf Thyssenkrupp-Chef López groß gewesen. So soll es in dieser Woche ein Treffen zwischen López und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gegeben haben. Wüst habe López aufgefordert, gemeinsam mit der Arbeitnehmerseite nach tragfähigen Lösungen zu suchen, hieß es.

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