Waren Sie auch schon auf der Autobahn unterwegs, um vom Weihnachtsbesuch zum nächsten zu kommen? Von Frankfurt nach München habe ich gerade mehr als sieben Stunden gebraucht. Das ist mehr Zeit, als normalerweise für die Strecke München-Venedig nötig ist.
Selbst schuld, sagen Sie? Ja, wahrscheinlich. Warum müssen auch immer alle gleichzeitig losfahren. Ich gebe zu: „Freie Fahrt für freie Bürger“ – den ADAC-Slogan von 1974 – halte ich für einen schönen Satz. Erhöhe ich mich damit selbst? Vermutlich. Halte ich mich immer an Geschwindigkeitsregeln. Vermutlich nicht. Die Faszination von Geschwindigkeit wird jedenfalls immer bleiben.
Lustvoll oder traurig: Ideologien zur Autobahn in der ARD
Sind Sie eher Teil der Schnecken-Fraktion? Oder ist die Lichthupe Ihr bester Freund? Wenn Sie nicht gerade im Auto sitzen, sollten Sie sich das Dokudrama „Lebensader Autobahn – Geschichten von Freiheit, Fortschritt und Widerstand“ im Ersten (ARD-Mediathek und Ausstrahlung Sonntag, 18.30 Uhr) ansehen. Passend zum Ferienverkehr liefert es eine Fülle von Informationen zum größten Bauwerk hierzulande.
Lustvoll sieht es Komiker Atze Schröder: „Man will vorne sein, man fühlt sich gut, wenn man an allen vorbeizieht.“ Weniger witzig finden es die Aktivisten, die gegen den Ausbau der A 49 beim Dannenröder Forst vergeblich gekämpft haben. Und traurig sagen: „Entsetzlich, wie der Natur so eine Gewalt angetan werden kann!“
Autobahn und Hitlers Propaganda-Lügen
Die deutsche Autobahn ist mehr als 13.200 Kilometer lang, im Durchschnitt 60 Meter breit und mit einer Fahrbahnstärke von rund 80 Zentimetern ausgestattet. Derzeit gibt es mehr als 1.000 Baustellen. Und es wird weiter gebaut. Was manchem nicht gefällt.
Der ARD-Film von Ulf Thomas springt von der Historie in die Jetzt-Zeit. Mit bekannten Schauspielern wird die Historie dargestellt, dazu kommen Originalaufnahmen, unter anderem von der Avus in Berlin, Baubeginn 1913. Und zwar hat Konrad Adenauer als Oberbürgermeister Kölns die erste 18,5 Kilometer lange Kraftwagenstraße in Deutschland bauen lassen, aber Hitler reklamierte später den Autobahn-Bau als seine Pionier-Leistung.
Freiheit oder Frechheit: Es gibt immer mehr Autos in Deutschland
Es gibt hübsche Geschichten und viel unnützes wie unterhaltsames Wissen jenseits von Bau und Stau in dieser ARD-Dokumentation. Wenn es etwa nicht mehr weitergeht auf der Fahrbahn, beobachtet ein selbsternannter Extrem-Botaniker, was so auf den Grünstreifen wächst. Irgendein dänisches Kraut hat er gerade ausgemacht. Und noch anderes Gewächs. Apropos Wachstum: 47,7 Millionen Pkws sind in Deutschland zugelassen. Ist das noch „Sinnbild der Freiheit“, wie Präsentator Hubertus Meyer-Burckardt in der ARD meint?
Schon vor Jahrzehnten hörte man von einem Verkehrsminister im Schwarz-Weiß-Fernsehen: „Das Tempolimit wird kommen, bestimmt!“ Aber keiner hat es bisher eingeführt. Das haben die Kleber und Kleberinnen der „Letzten Generation“ nicht geschafft. Ebenso wenig Öko-Parteien wie die Grünen. Am 23. Februar wird in Deutschland gewählt. Es wird auch danach wohl auf absehbare Zeit kein Tempolimit geben. Ich finde das gut. Die Staus, da bin ich zur Abwechslung beim Komiker Atze Schröder, sorgen ja ohnehin schon für ein unfreiwilliges Tempolimit.
