HomeNachrichtIst die Corona-Impfung illegal? Das steckt hinter Behörden-Bericht

Ist die Corona-Impfung illegal? Das steckt hinter Behörden-Bericht

Seit Dezember 2020 wurden weltweit Milliarden Menschen gegen Covid-19 geimpft. Nun wird in den  sozialen Medien  die Behauptung verbreitet, die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) habe die Corona-Impfung angeblich als „Farce“ entlarvt. Belegen soll dies ein  Video , in dem ein Mann bei einer Pressekonferenz von einem Schreiben der Ema an ihn berichtet. Hinter dem Mann ist das Logo des Europäischen Parlaments zu sehen.

In dem Brief soll die Behörde erklärt haben, dass die Impfungen nur zum „persönlichen Schutz“ und nicht zur Verhinderung der Übertragung von einer Person auf eine andere zugelassen worden seien. Das mache sie illegal. Er fügt in dem Statement hinzu, dass entsprechend den Angaben der Ema mit nur wenigen Ausnahmen „niEmand unter 60 Jahren geimpft werden sollte“. Hat die Ema wirklich eine solche Erklärung abgegeben?

Bewertung

Nein. Das Schreiben wird falsch interpretiert. Die Ema betont darin weiterhin die Wirksamkeit und Effektivität der Corona-Impfungen. Der Übertragungsschutz war keine Voraussetzung für die Zulassung der Impfungen. In erster Linie sollte die Impfung vor schwerer Erkrankung schützen. Studien belegen, dass die Corona-Impfungen das Risiko einer schweren Erkrankung deutlich reduzieren. Der ursprünglich hohe Übertragungsschutz hat infolge neuer Virusvarianten abgenommen.

Fakten

Die Europäische Arzneimittelagentur (Ema)  überwacht  die Arzneimittelsicherheit in Europa und hat während der Corona-Pandemie auch die  Impfstoffe gegen Covid-19  zugelassen. Bei dem Mann in dem Video handelt es sich um  Marcel de Graaff . Er ist Mitglied des Forum voor Democratie (FvD), einer  rechtspopulistischen  Partei aus den Niederlanden. Bis Oktober 2022 gehörte er der Fraktion „Identität und Demokratie“ im Europäischen Parlament an und war danach bis Juli 2024 fraktionslos im Europäischen Parlament.

Statement lässt wichtige Aspekte aus Ema-Schreiben aus

Während der Pressekonferenz, die bereits am 21. November 2023 im Europäischen Parlament in Straßburg stattfand, sagte de Graaff über ein Schreiben, das er von der Europäischen Arzneimittelbehörde erhalten habe: „Die Ema stellt ausdrücklich fest, dass sie die Corona-Impfstoffe ausschließlich für individuelle Immunisierungen auf dem Markt zugelassen hat und absolut nicht für die Bekämpfung von Infektionen (…)“.

Das Schreiben, auf das sich de Graaff bezieht, ist auf der Ema-Website  zu finden. Es richtet sich an den Niederländer und weitere Abgeordnete des Europäischen Parlaments und bezieht sich auf eine Anfrage der Abgeordneten an die EU-Behörde.

In der Antwort der Ema vom 18. Oktober 2023  heißt es : „Sie haben in der Tat Recht, wenn Sie darauf hinweisen, dass die Covid-19-Impfstoffe nicht zur Verhinderung der Übertragung von einer Person auf eine andere zugelassen sind. Die Indikationen sind nur für den Schutz der geimpften Personen bestimmt.“

Die Behörde verweist im weiteren Verlauf des Briefes auf ihre Bewertungsberichte, die zeigen, dass in den ersten klinischen Studien keine Daten zur Übertragbarkeit des Coronavirus bei geimpften Menschen vorlagen. Tatsächlich lassen sich diverse  Publikationen  und  Pressekonferenzen  finden, in denen genau dies im Jahr 2020 von der Behörde kommuniziert wurde.

In dem Ema-Schreiben heißt es aber zugleich, dass Studien inzwischen gezeigt hätten, dass die Impfstoffe auch die  Übertragung des Virus  verringern können. Neu aufkommende Virusvarianten hätten diese Wirkung aber verringert. Tatsächlich  belegen  dies mehrere  Studien . Diesen Aspekt lässt de Graaf in seinem Statement aus.

Ema reagiert auf Falschauslegung ihrer Aussagen

Am 22. Dezember 2023 folgte  ein weiterer Brief  der Ema an die EU-Abgeordneten, der sich gegen Fehlinterpretationen der Aussagen aus dem Brief vom 18. Oktober 2023 richtet. Nur weil sich die Zulassung vor allem auf den Schutz vor schwerer Krankheit fokussierte, bedeute dies nicht, „dass sie nicht auch mit dem zusätzlichen Ziel eingesetzt werden können, die Übertragung zu verringern“.

Auf der Ema-Website  heißt es : „Zu Beginn der Pandemie forderten die Aufsichtsbehörden die Unternehmen auf, vorrangig Studien durchzuführen, in denen untersucht wurde, wie gut die Impfstoffe schwere Erkrankungen und Todesfälle verhindern. Die Aufsichtsbehörden haben die Unternehmen nicht aufgefordert, im Rahmen ihres Zulassungsantrags die Auswirkungen ihrer Impfstoffe auf die Übertragung zu untersuchen.“

Der Übertragungsschutz kann demnach nur in realen Studien, die eine große Anzahl von geimpften Menschen einschließen, gemessen werden. Das Fehlen früher Daten über die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen eine Übertragung bedeutet also nicht, dass sie bei der Verhinderung schwerer Erkrankungen nicht wirksam ist. Eine solche Aussage ist auch in beiden Schreiben der Ema an die EU-Abgeordnete nicht zu finden.

Unter 60-jährige können schwer an Covid-19 erkranken

Eine weitere  falsche Behauptung  von de Graaff: Aus dem Ema-Schreiben ergebe sich, dass „niemand unter 60 Jahren hätte geimpft werden sollen, mit nur wenigen Ausnahmen“, weil, so de Graaff, „fast niemand unter 60 Jahren ein Risiko für ernsthafte Komplikationen durch das Coronavirus hatte“.

Zwar erkranken Risikogruppen wie ältere Menschen oder Personen mit Asthma, Diabetes oder Übergewicht deutlich häufiger schwer an Covid-19. Aber auch junge gesunde Menschen können schwere Verläufe durchmachen oder sogar infolge der Infektion sterben, wie  dieser  26-Jährige Mann ohne Vorerkrankungen.

Dass auch Menschen außerhalb der Risikogruppe an Corona sterben, belegen verschiedene Studien. Eine  Untersuchung  der Stanford-University zeigt etwa, dass in Frankreich zwei Prozent der Menschen, die infolge einer Corona-Infektion starben, jünger als 65 waren und keine Grunderkrankungen hatten.

Anders als bei einer Erkältung klagen einige Corona-Patientinnen und -Patienten über Langzeitfolgen, das sogenannte Long-Covid-Syndrom. Eine  chinesische Studie  zeigt etwa, dass von über 1200 Personen, die sich mit Corona infiziert hatten, fast jede dritte noch ein Jahr nach der Infektion an Kurzatmigkeit litt.

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