Nach juristischer Auseinandersetzung zwischen Anwohnerinnen, Anwohnern und der Stadt Heidelberg ist jetzt klar: In der Heidelberger Altstadt muss es künftig früher ruhig sein.
Die Kneipen in der Heidelberger Altstadt müssen in Zukunft früher schließen. Unter der Woche, in den Nächten zum Donnerstag und Freitag, startet die Sperrzeit um 0 Uhr. Freitags- und samstagabends und vor Feiertagen dürfen Kneipen und Bars in Heidelberg nur noch bis 1 Uhr geöffnet bleiben. Maßgeblich hierfür sei, heißt es in der schriftlichen Begründung des Gerichts von Montag, dass die festgestellte Lärmbelastung gesundheitsgefährdend ist. Geklagt hatten Anwohnerinnen und Anwohner.
Seit Jahren Streit in Heidelberg
In Heidelberg geht es seit Jahren in der Altstadt um dieses Thema. Die Altstadtgassen sind eng, oft wird bis in die Nacht im Freien gefeiert. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim die Details in einer Urteilsbegründung erläutert. Das Gericht unterstrich: Den Anwohnerinnen und Anwohnern sei es nicht mehr zumutbar, weitere “flankierende Maßnahmen” abzuwarten. Und noch deutlicher: Einen Ermessensspielraum innerhalb dieser Entscheidung gibt es nicht.
Lärmgutachten spielte entscheidende Rolle
Eine entscheidende Rolle hatte zuletzt ein Lärmgutachten gespielt. Bislang duften Kneipen wochentags bis 1 Uhr und am Wochenende bis 4 Uhr geöffnet bleiben. Die klagenden Anwohner hatten gefordert, dass wochentags um Mitternacht und an Wochenenden um 1 Uhr Schluss ist. Dem hat das Gericht jetzt entsprochen. Über die übrigen Nächte, beginnend vom Sonntag auf den Montag bis hin zum Dienstag auf den Mittwoch hat der VGH nicht entschieden.
Heidelberg
Kampf um Sperrzeiten
“SWR Aktuell 360 Grad”: Wie lebt es sich in der Unteren Straße in Heidelberg?
In der Unteren Straße wird gewohnt, aber auch extrem viel gefeiert. Ein Konflikt, der sich immer mehr zuspitzt. “SWR Aktuell 360 Grad” hat in Heidelberg nachgeschaut.
Begründung: Lebensnotwendiger Schlaf
In der Urteilsbegründung heißt es auch, der zuständige Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in Mannheim “übersehe bei alledem nicht, dass die hier für erforderlich erklärte Verlängerung der Sperrzeiten in die Grundrechte der Gaststättenbetreiber und Gaststättenbesucher eingreife”. Allerdings wurden diese Grundrechte abgewogen. Gerechtfertigt wird es mit Grundrechten: Dem Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz und damit auch geschützten lebensnotwendigem Schlaf für die der Klägerinnen und Kläger.
Stadt Heidelberg: “Urteil in dieser Form zu scharf”
Die Stadt Heidelberg reagiert mit Unverständnis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Man wolle sich die Entscheidung genau anschauen und eine Nichtzulassungbeschwerde am Bundesverwaltungsgericht prüfen, so ein Sprecher der Stadt gegenüber dem SWR. Dafür sei laut Stadt ein Monat Zeit. Da eine Revision nicht möglich ist, sei das der einzige noch mögliche juristische Weg.
Das VGH-Urteil über die Heidelberger Kneipenöffnungszeiten entspreche genau dem, was sich die Kläger erhofft haben. Das sagte ihr Anwalt Werner Finger heute auf SWR-Anfrage. Er betonte, dass es immer um eine Lösung gegangen sei, die auch Gastwirte und Gäste im Blick hatte. Eigentlich gelte der Lärmschutz nämlich ab 22 Uhr und darauf habe man nie gepocht. Weil die Überschreitungen aber im gesundheitsgefährdenden Bereich lagen, sei dieses Urteil richtig.
Wo genau gelten die neuen Sperrzeiten?
Was allerdings noch nicht feststeht: Wie der exakte räumliche Geltungsbereich der geänderten Sperrzeiten aussieht. Das muss die Stadt Heidelberg noch bestimmen. Außerdem wird der Heidelberger Gemeinderat auch darüber entscheiden müssen, ob es für bestimmte Tage im Jahr oder anlässlich besonderer Ereignisse eine abweichende Sperrzeitenregelung geben wird. Solche Ausnahmen – auch das legt der VGH in der Begründung dar – seien allerdings auf seltene Ereignisse beschränkt und dürften nicht dazu führen, die anderen Regelungen der Sperrzeiten zu unterlaufen.
Heidelberger Altstadt: Die Sperrstunden im Überblick
- Mittwoch auf Donnerstag: 0 Uhr
- Donnerstag auf Freitag: 0 Uhr
- Freitag auf Samstag: 1 Uhr
- Samstag auf Sonntag: 1 Uhr
- Nächte auf gesetzliche Feiertage: 1 Uhr
Was mit den Nächte von Sonntag auf Montag bis hin zum Dienstag auf den Mittwoch sein wird, hat VGH nicht entschieden.