Unerwünschte Nebenwirkungen: Sommerhitze verändert Medikamente – was Sie beachten müssen
Manche Medikamente sind so wärmempfindlich, dass sie immer in den Kühlschrank müssen. Andere verändern ihre Wirkweise in praller Sonne und wieder andere wirken im hitzegestressten Körper zu stark oder gar nicht. Das müssen Sie wissen, wenn Sie regelmäßig Medikamente nehmen.
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Medikamente und Hitze vertragen sich nicht besonders. Den meisten Tabletten, Salben und Tropfen kann zwar auch bei Außentemperaturen von mehr als 30 Grad im Schatten nichts geschehen, so lange sie im Medizinschränkchen zuhause liegen. Müssen sie jedoch, etwa auf der Reise in den Urlaub, in die Sommerhitze, ist Vorsicht geboten.
Im Auto auf einem sonnenbestrahlten Parkplatz oder in der Badetasche am Strand können Arzneimittel ihre Konsistenz verändern und ihre Wirkung verlieren. Außerdem reagieren manche Patienten bei großer Hitze anders auf ihre Medikamente. Und schließlich lösen bestimmte Wirkstoffe im Sonnenlicht auch unangenehme Hautreaktionen aus.
FOCUS online sprach über die Risiken bei Arzneien im Hochsommer mit Mathias Arnold, Apotheker in Halle an der Saale und Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) .
Tabletten vertragen Hitze am besten, Zäpfchen überhaupt nicht
Am wenigsten macht Hitze bei Tabletten aus. Die meisten sind bis zu 50 Grad hitzestabil. Wenn es aber im sonnenbeschienenen Auto unter dem heißen Blech bis zu 70 Grad heiß wird, verlieren auch Tabletten ihre Wirkung. „Die Zersetzung der Arzneistoffe wird durch die Hitze beschleunigt. Man hat dann eben statt der Wirkung von beispielweise 100 Milligramm nur noch die von 80 oder 90 Milligramm Arznei“, sagt der Apotheker.
Die Reiseapotheke sollte bei längeren Autofahrten also in jedem Fall in den klimatisierten Innenraum. Wer kühlpflichtige Mittel mit in den Sommerurlaub nehmen muss, ist gut beraten, sie in einer Kühltasche zu transportieren. „Aber bitte nicht direkt beim eisigen Kühl-Akku platzieren“, sagt der Apotheker. „Die Medikamente könnten einfrieren, und das zerstört sie weit mehr als kurzzeitige Hitze.“
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Insulin ist besonders wärmeempfindlich
Insulin und andere Medikamente auf Eiweißbasis, die etwa gegen Rheuma oder Schuppenflechte zum Einsatz kommen, gehören grundsätzlich in den Kühlschrank. Auch bei manchen Augen- und Ohrentropfen raten Beipackzettel und Apotheker zur kühlen Aufbewahrung. „Das Gemüsefach liefert gleichmäßige Kühlung und ist daher ein idealer Ort für Medikamente“, sagt Mathias Arnold. „Auf keinen Fall dürfen sie aber ins Gefrierfach, weil sich das Eiweiß sofort zersetzt und die Wirksamkeit verloren geht.“
Von allen Medikamentenformen werden Zäpfchen am schnellsten unbrauchbar. Sie beginnen schon ab 25 Grad zu schmelzen. Das geschieht auch mit medizinischen Salben, deren Fette auch noch ranzig werden können. Es hilft dann nicht, angeschmolzene Präparate zu kühlen, bis sie wieder fest sind. Die Wirkstoffe sind nicht mehr gleichmäßig verteilt.
Wirkstoffpflaster verändern die Freisetzung der Arznei
Nikotin- oder Hormonpflaster sollen nicht in die Sonne, weil sich die Freisetzung der Wirkstoffe verändert. „Das liegt vor allem am Trägermaterial, das bei Hitze oder intensiver Sonnenbestrahlung instabil wird“, sagt der Apotheker. Eine Überdosierung kann die Folge sein, weil der Wirkstoff zu schnell freigesetzt wird.
Sind Asthmasprays direkter Sonne ausgesetzt, heizen sie sich stark auf. Dadurch können am Behälter Haarrisse oder undichte Stellen etwa am Ventil entstehen – die Dosierung der Aerosole wird ungenau und damit auch die Wirksamkeit. „Es kann auch sein, dass sich der Inhalt durch die Mini-Schäden am Behälter einfach verflüchtigen“, sagt Arnold.
Aber nicht nur die Medikamente selbst verändern sich in der Hitze und durch die Sonne, sondern auch die Reaktion der Patienten darauf.
Hohes Sonnenbrand-Risiko durch Antibiotika
Verschiedene Antibiotika (Tetrazykline, Cephalosporine und Gyrasehemmer), Johanniskraut oder ein Medikament gegen Herzrhythmusstörungen (Amiodaron) erhöhen die Lichtempfindlichkeit. Wer sich im Sommer nicht mit einem hohen Lichtschutzfaktor, am besten einem Sunblocker schützt, riskiert bei der Einnahme dieser phototoxischen Medikamente massive Sonnenbrände. Auch entzündungshemmende Medikamente wie Diclofenac und Ibuprofen können zu heftigen Reaktionen der Haut führen.
Für Herzpatienten ist die Sommerhitze nicht nur riskant, weil sie den Kreislauf belastet . Vor allem, wer Blutdrucksenker und oder Entwässerungstabletten einnimmt, muss jetzt besonders aufpassen. „Wer entwässernde Diuretika einnimmt und wegen der Hitze schwitzt, verliert unter Umständen riskant viel Flüssigkeit und Mineralstoffe“, erklärt Apotheker Arnold. „Es ist also extrem wichtig, mehr zu trinken als sonst.“
Blutdrucksenker wirken bei Hitze stärker
Hochdruckpatienten, die dauerhaft Blutdrucksenker einnehmen, können plötzlich zu niedrigen Blutdruck haben. Denn die hohen Außentemperaturen verstärken deren Wirkung. Die Blutgefäße weiten sich stark, der Blutdruck sinkt und es kann zu Schwindel und Schlappheit kommen.
Die Patienten sollten jetzt häufiger ihren Blutdruck messen und eventuell vorübergehend die Blutdruckmedikamente reduzieren, rät auch die Deutsche Herzstiftung. Allerdings nur nach Rücksprache mit dem Arzt.