HomeNachrichtMS und Alzheimer früh erkennen: Neue VR-Brillen könnten die Diagnose erleichtern

MS und Alzheimer früh erkennen: Neue VR-Brillen könnten die Diagnose erleichtern

Virtual-Reality-Brillen (VR-Brillen) finden bereits in Unternehmen und der Unterhaltungsindustrie Anwendung. Doch auch in der Medizin gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Sie werden seit geraumer Zeit therapeutisch eingesetzt, etwa bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen wie Phobien und Angststörungen oder in der Schmerztherapie. Studien haben gezeigt, dass VR-Brillen schmerzlindernd bei Brandverletzten wirken und ihr Schmerzerleben reduzieren können.

Neurologe Mimoun Azizi erklärt Multiple Sklerose

Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Sie kann sich durch eine Vielzahl von Symptomen äußern, je nachdem, welche Region des Nervensystems betroffen ist. Einige der häufigsten Anzeichen sind Taubheitsgefühle, Sehstörungen und Lähmungserscheinungen. Diese Symptome werden oft erst sichtbar, wenn viele Wege im Nervensystem blockiert sind.

Die häufigste Art der Krankheit verläuft typischerweise in sogenannten Schüben. Ein Schub ist das plötzliche Auftreten neuer oder die starke Verschlimmerung bereits bestehender Symptome, die mindestens 24 Stunden anhalten. Nach einem Schub bilden sich die Symptome meist innerhalb von sechs bis acht Wochen ganz oder nur teilweise zurück – ein Prozess, der als Remission bezeichnet wird. Die Häufigkeit dieser Schübe variiert von Patient zu Patient und ist ein Indikator dafür, dass die Krankheit fortschreitet.

Einsatz von VR-Brillen in der Diagnostik neurologischer Erkrankungen

Eine neue Generation von VR-Brillen können nicht nur therapeutisch, sondern auch diagnostisch eingesetzt werden. Sie dienen dazu, Tumore, Alzheimer-Demenz und Multiple Sklerose (MS) frühzeitig zu erkennen und die Früherkennung dieser Erkrankungen zu verbessern.

Aktuell befindet sich diese Methode noch in den Anfängen und bedarf weiterer Studien und Erprobungen im Alltag. Die Anwendung erfordert zudem intensive Schulungen für die Ärzte und Ärztinnen, die die VR-Brille einsetzen möchten. Grundsätzlich ist geplant, dass Mediziner in Zukunft auch in ihren Praxen mithilfe der VR-Brille Erkrankungen wie MS und Alzheimer-Demenz diagnostizieren können.

Funktionsweise der VR-Brille als Diagnoseinstrument

Ursprünglich für Computerspiele entwickelt, wurden die VR-Brillen mit einer zusätzlichen eingebauten Kamera und einer algorithmusbasierten Software ausgestattet. Diese ermöglichen es, auffällige Augenbewegungen zu beobachten, zu messen und zu analysieren. Dies basiert auf Erkenntnissen aus der Neuroophthalmologie, einem Spezialgebiet der Augenheilkunde an der Schnittstelle zur Neurologie.

Schon lange ist bekannt, dass Erkrankungen des Gehirns die Augenbewegungen und die Pupillenreaktion beeinflussen können. Bisher war das manuelle Beobachten, Messen und Bewerten dieser Reaktionen jedoch sehr aufwendig und fehleranfällig. Die VR-Brille ermöglicht durch digitales Eyetracking eine schnellere und genauere Messung. Mithilfe künstlicher Intelligenz können abweichende Augenbewegungen und -reaktionen präziser interpretiert werden.

Dauer und Ablauf der Untersuchung

Eine herkömmliche manuelle Untersuchung der Augenreaktionen dauert ungefähr 45 Minuten. Mit der VR-Brille umfasst die Untersuchung insgesamt acht Tests, bei denen jeweils ein Auge geblendet wird und die Pupillenreaktion auf den Lichtreiz beobachtet wird. In wenigen Minuten generiert die Software einen Bericht, der zeigt, ob alles in Ordnung ist oder Hinweise auf neurologische Auffälligkeiten vorliegen.

Trotz der schnellen Berichterstellung ist die Diagnostik mithilfe der VR-Brille nicht in wenigen Minuten erledigt. Patienten müssen zunächst aufgeklärt und instruiert werden, was Zeit in Anspruch nimmt. Es ist davon auszugehen, dass die Untersuchung anfangs etwa eine halbe Stunde dauern wird. Vieles hängt auch von der Erfahrung der Untersuchenden ab. Mit Verbesserung der Untersuchungsmethode und der Software könnte sich die Zeit bis zur Diagnose zukünftig deutlich verkürzen.

Chancen und Herausforderungen der neuen Methode

Die VR-Brille bietet keine neuen Erkenntnisse für die Medizin, stellt jedoch ein vielversprechendes Mess- und Diagnoseinstrument für die Zukunft dar. Durch die schnellere und einfachere Messung und Interpretation der Daten können Patienten von einer frühen Therapie profitieren. Je früher eine Krankheit diagnostiziert wird, desto eher und besser kann sie behandelt werden.

Besonders bei MS haben Betroffene weniger Beeinträchtigungen, wenn sie frühzeitig therapiert werden. Dank moderner verlaufsmodifizierender Therapieoptionen, wie zum Beispiel mit Antikörpern, können MS-Schübe vermindert, der Krankheitsfortschritt eingedämmt und die physischen und kognitiven Fähigkeiten langfristig erhalten bleiben. Je später eine Diagnose erfolgt, desto wahrscheinlicher sind bleibende Schädigungen für die Patienten.

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