Berlin. SpaceX schickt Weltraumtouristen ins All – und erstmals ist eine Frau aus Deutschland mit an Bord. Rabea Rogge schreibt damit Geschichte.
Ein kleiner Schritt für sie, ein großer für Deutschland: Die Berliner Elektroingenieurin und Polarforscherin Rabea Rogge schreibt Raumfahrtgeschichte. Die 29-Jährige ist am Dienstagmorgen (MESZ) als erste deutsche Frau ins All gestartet – an Bord einer „Dragon“-Kapsel von SpaceX, getragen von einer Falcon-9-Rakete, die vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida abhob. Wenige Minuten später verließ sie die Erdatmosphäre.
Rabea Rogge: Deutschlands weibliches Raumfahrtdebüt
Zwölf deutsche Männer sind bisher ins All geflogen, darunter Alexander Gerst und Ulf Merbold – Frauen? Bisher keine. Zwar gab es in der Vergangenheit mehrere Kandidatinnen und Ersatzkandidatinnen, doch keine von ihnen flog tatsächlich in den Orbit. Rogge schließt diese Lücke nun – nicht im Auftrag der ESA, sondern als Teil einer privaten Weltraummission namens Fram2, die vom Raumfahrtunternehmen SpaceX organisiert wird.
Rabea Rogge ist die erste deutsche Frau ins All fliegen.
© melter.ch/dpa | Peter Balicki
Auf der Plattform X (ehemals Twitter) schreibt sie kurz vor dem Start: „Ich freue mich darauf, mit dieser unglaublichen Crew zu starten“. Das Understatement passt zu der nüchternen Wissenschaftlerin, deren Lebenslauf sich wie eine Bewerbung für interplanetare Expeditionen liest.
Expedition ins All: Von der Polarforschung zur Raumfahrt
Rogge studierte Elektrotechnik und Informationstechnologie an der ETH Zürich, arbeitete an Konzepten für Nanosatelliten-Zentrifugen und forschte zuletzt an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens in Trondheim – eigentlich für ihre Promotion im Bereich Polar- und Umwelttechnik. Die hat sie nun für die Weltraummission auf Eis gelegt.
Der Anstoß zum Flug kam eher ungewöhnlich: Bei einem Expeditionstraining auf Spitzbergen lernte sie den in China geborenen und auf Malta lebenden Technisch-Millionär Chun Wang kennen, der mit Kryptowährungen reich geworden ist – und bei SpaceX ein Ticket ins All gekauft hatte. Er bot Rogge einen Platz in seiner Crew an. Sie sagte zu. Mit an Bord sind außerdem Chung Wang selbst, die norwegische Dokumentarfilmerin Jannicke Mikkelsen und der australische Polarforscher Eric Philips.
Rabea Rogge (l) mit Eric Philips, Chun Wang sowie Jannicke Mikkelsen.
© dpa | SpaceX
Intensive Vorbereitung: Gruppendynamik unter Extrembedingungen
Die Mission Fram2 ist zwar privat organisiert, professionell vorbereitet ist sie dennoch. Monatelang hat das Quartett für den Flug in den Orbit trainiert. In Raumkapselsimulatoren bei SpaceX wurden Notfallszenarien durchgespielt, technische Abläufe geübt, psychologische Belastungstests bestanden.
Auch Gruppendynamik wurde trainiert – zum Beispiel beim Seekajak-Training in der Wildnis Alaskas. „Sieben Tage in nasser Kleidung durchzuhalten, hat uns als Team wirklich zusammengeschweißt“, sagte Rogge der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
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Vier Tage im Orbit – mit Experimenten und Pilzen
Rund vier Tage soll die Mission dauern. Dabei wird die Estragon eine ungewöhnliche Route einschlagen: einen so genannten „High Inclination Orbit“, der den Flug über die Polarregionen der Erde führt – Gebiete, die für klassische Raumstationen wie die ISS unerreichbar sind. Die Besatzung wird so neue Perspektiven auf die Erde gewinnen und gezielt wissenschaftliche Phänomene untersuchen. Im Mittelpunkt steht unter anderem die Erforschung von Polarlichtern und anderen atmosphärischen Phänomenen. Außerdem sollen erstmals Röntgenaufnahmen von Menschen im All gemacht werden.
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Ein weiteres ungewöhnliches Experiment: die Kultivierung von Austernpilzen. Wie die britische Zeitung „The Guardian“ berichtet, testen die Forscher, ob sich die Pilze unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit züchten lassen. Das Ziel: nachhaltige Ernährungssysteme für Langzeitmissionen zum Mond oder Mars. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Fähigkeit der Pilze, unter UV-Licht Vitamin D zu bilden – ein Nährstoff, der im Weltraum nur schwer verfügbar ist, für den menschlichen Körper aber unverzichtbar bleibt.
Dass diese Forschung heute nicht mehr zwangsläufig in staatlicher Hand liegt, ist Teil eines grundlegenden Wandels. Fram2 ist keine Mission im Auftrag von NASA, ESA oder Roskosmos – sondern ein Projekt der neuen Weltraumwirtschaft. Organisiert von SpaceX, finanziert aus privater Initiative, steht es exemplarisch für die zunehmende Verschiebung im Weltraum: weg von staatlich kontrollierten Programmen, hin zu unternehmerischen Visionen.