Ehe jemand an Darmkrebs erkrankt, bilden sich Vorstufen. Diese lassen sich früh erkennen und entfernen, sodass der Tumor gar nicht erst bösartig wird. Wie neue Technologien hierbei jetzt schon helfen, erläutert Facharzt Gilbert Rahe.
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Hier wird die Medizin nun weitere große Schritte nach vorne machen. Da ist sich Gilbert Rahe sicher. Der Facharzt leitet an einer Spezialklinik der Universitätsmedizin Essen die Endoskopie. Das heißt, er schaut den Menschen ins Innere – genauer gesagt, in den Darm.
Dr. Gilbert Rahe, Facharzt für Gastroenterologie und Innere Medizin mit Zusatz-Weiterbildung Intensivmedizin, leitet in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Transplantationsmedizin der Universitätsklinik Essen die Abteilung für Interventionelle gastroenterologische Endoskopie.
Dort spürt Rahe Vorstufen von Krebs auf und entfernt sie direkt. Mithilfe künstlicher Intelligenz erzielt der Oberarzt in der Darmspiegelung noch bessere Ergebnisse: „Sie schlägt Alarm, wenn sie einen Tumor sichtet“, erklärt der Spezialist im Gespräch mit FOCUS online.
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So hilft die Künstliche Intelligenz Darmkrebs zu verhindern
Man könne sich das ähnlich vorstellen, wie die Gesichtserkennung beim Handy. „Das Programm der Künstlichen Intelligenz erkennt Polypen und schätzt ein ob von diesem eine Krebsgefahr ausgeht, es markiert die Stelle und sendet dann noch einen Ton aus“, sagt Rahe. „Dann schaue ich diesen Polypen noch gezielter an.“
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All das geschieht im Rahmen der üblichen Darmspiegelung. Hier wird der Darm mit einem sogenannten Endoskop abgefahren während die Untersuchten in leichter Narkose schlafen. „Das ist wie ein langer Schlauch, an dem eine kleine Kamera installiert ist und mit dem man in den Darm, der vorher gereinigt wurde, reingeht“, erläutert der Mediziner die Prozedur. „Ich schaue mir per Video den Dickdarm und auch einen kleinen Teil der Dünndarmschleimhaut an und suche nach Polypen. Das sind kleine Gewebeknoten, die oft eine sogenannte Präkanzerose darstellen, also eine Vorstufe, aus denen sich Darmkrebs entwickeln kann. Entdecke ich eine solche, trage ich diesen Polypen ab und verhindere, dass dieser Polyp zu Darmkrebs werden kann.“
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Zusätzlich zum Video läuft mit der neuen Technik die Software mit, die darauf trainiert ist, Polypen zu erkennen. Das verbessert die Diagnose.
Zwei Faktoren verbessern die Darmkrebsvorsorge mit KI
Wie stark die Künstliche Intelligenz (KI) die Diagnose verbessert, misst eine Steigerung der Adenomedetektionsrate (ADR). Diese definiert den Anteil der Darmspiegelungen, bei denen Adenome, also Krebsvorstufen, gefunden werden, in Prozent und ist einer der Faktoren, über welchen die Qualität eines Endoskopikers gemessen werden kann. Dem Experten zufolge variieren die Zahlen je nach Studie: In einigen Analysen lag die ADR durch die KI um wenige Prozent höher, in anderen bei 20 Prozent.
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„Meine persönliche Einschätzung dazu wäre, dass irgendwas dazwischen wahrscheinlich die Wirklichkeit ist“, urteilt Rahe. „Bei einem sehr erfahrenen Gastroenterologen wird die Technik die Adenomdetektionsrate gar nicht oder nur unwesentlich steigern. Aber bei einem Arzt in Ausbildung zum Beispiel wird der Unterschied deutlich höher ausfallen.“ Was zudem eine Rolle spiele, sei zum Beispiel, wie ausgeruht der Untersucher sei. Die KI werde nie müde. Jemand nach einem 24-Stunden-Dienst durchaus.
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Die neue Technik optimiert die Darmkrebsvorsorge daher vor allem durch zwei Faktoren:
- Sie erhöht die Chance, mehr Polypen zu entdecken.
- Sie erhöht die Sicherheit, mit der kritische und nicht-kritische Polypen voneinander unterschieden werden können
Ganz abgesehen davon betont der Darmspezialist: „Das Wichtigste ist, dass alle überhaupt eine Darmspiegelung machen lassen, die für eine Vorsorge infrage kommen.“ Denn es handele sich um eine der wenigen Krebsarten, die wir durch ein Vorsorgeprogramm verhindern oder zumindest in einem Frühstadium diagnostizieren können. „Da können wir in Deutschland noch viel rausholen.“
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Die Felix Burda Stiftung widmet sich der Prävention von Darmkrebs. Seit 2017 zeichnet sie diejenigen Menschen mit dem „Ehrenfelix“ aus, die wie Felix Burda an Darmkrebs erkrankt sind und die sich trotz ihrer Erkrankung für andere stark machen und sie vor dieser Krankheit bewahren wollen. Sie können hier abstimmen, wer den „Ehrenfelix“ gewinnen soll.
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Disclaimer: Die Felix Burda Stiftung gehört wie FOCUS online zu Hubert Burda Media.
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Was Deutschland in der Darmkrebsvorsorge noch besser machen kann
Insgesamt sei Deutschland zwar bereits ziemlich gut aufgestellt, was die Darmkrebsvorsorge angehe, meint der Experte. Aber in einigen Bereichen könnten Prozesse vereinfacht werden.
Personen, die ab 50 Jahren einen Anspruch auf die Untersuchung haben, bekommen aktuell einen Brief nach Hause geschickt. „Hier sollte man überlegen, ob das nicht noch konkreter geht, per SMS, Anruf oder per App, sodass den Menschen direkt ein Termin angeboten wird“, sagt Rahe.
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Auch um den Stuhltest, der verstecktes Blut nachweisen und ebenfalls ein Frühwarnzeichen liefern kann, muss man sich hierzulande selbst kümmern. In den Niederlanden läuft das anders. Hier bekommen die Menschen diesen nach Hause geschickt. „Das wäre zum Beispiel für die Frauen, denen das ab 50 empfohlen wird, eine super Maßnahme, wenn das auch in Deutschland so gemacht werden würde“, findet der Gastroenterologe. Je einfacher es für Patientinnen und Patienten sei, desto besser.
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Auch wichtig: Vor der Darmspiegelung muss niemand mehr Unmengen Flüssigkeit trinken
Zentral sei zudem eines: „Wir müssen den Menschen die Angst vor der Untersuchung nehmen. Diese ist schmerzlos, sehr sicher und der Nutzen ist sehr viel höher als die Risiken“, unterstreicht Rahe. Ein Faktor, um die Hürde weiter zu senken, liegt auch in der Darmreinigung. Denn für die Darmspiegelung müssen die Menschen erst einmal ihr Verdauungsorgan entleeren. Sonst kann die Kamera – ob mit oder ohne KI – gar nichts sehen.
Hier haben viele noch im Kopf, dass man Unmengen an Flüssigkeit trinken muss. „Das ist heutzutage längst nicht mehr so“, beruhigt der Mediziner. „Es sind 500 Milliliter am Tag vor der Untersuchung und 500 Milliliter am Tag der Koloskopie selbst. Hierfür bekommen Sie verschiedene Geschmacksrichtungen oder Sie nehmen es mit einem Schluck Apfelsaft zu sich. Um den Darm zu reinigen, gibt es inzwischen gute Präparate, die das mit wenig Flüssigkeit hinbekommen.“ Der Rest sei dann Wasser, das zusätzlich getrunken werde. Und ohnehin: Darmkrebs früh zu entdecken, sei das beste Argument, Tabus zu brechen und sich zu überwinden.