Frontotemporale Demenz betrifft hauptsächlich jüngere Personen. Aber was sind die Ursachen? Wir blicken hinter die Kulissen der Forschung.
Was ist Frontotemporale Demenz?
Frontotemporale Demenz (FTD) ist eine seltene und schnell fortschreitende Form der Demenz, die hauptsächlich die Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns betrifft. Diese Hirnregionen sind entscheidend für die Regulierung von Persönlichkeit, Sozialverhalten und sprachlichen Fähigkeiten. FTD tritt häufig bei Personen unter 65 Jahren auf und wird daher oft als die Demenz der „jungen Alten“ bezeichnet. Diese Erkrankung ist gekennzeichnet durch Veränderungen der Persönlichkeit, des Sozialverhaltens sowie durch Sprachprobleme. Es gibt zwei Hauptsubtypen der FTD: die Verhaltensvariante (bvFTD) und die Primär Progressive Aphasie (PPA), die sich in den primären Symptomen und dem Krankheitsverlauf unterscheiden. Ein bekanntes Beispiel für einen Betroffenen ist der Schauspieler Bruce Willis, bei dem Anfang 2023 FTD diagnostiziert wurde.
Was sind die Ursachen der Frontotemporalen Demenz?
Die genauen Ursachen der Frontotemporalen Demenz sind weitgehend unbekannt und Gegenstand intensiver Forschung. Es gibt jedoch mehrere Theorien und bekannte Faktoren, die zur Entwicklung dieser Erkrankung beitragen könnten. Ein zentrales Merkmal der Frontotemporalen Demenz ist die abnormale Ansammlung von Proteinen in den Nervenzellen des Gehirns. Diese Proteinansammlungen, auch als Einschlusskörper bezeichnet, spielen eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der FTD.
Wie beeinflussen genetische Faktoren die Frontotemporale Demenz?
Genetische Faktoren spielen eine bedeutende Rolle bei der Entstehung der Frontotemporalen Demenz. Forschungen haben gezeigt, dass etwa 10 bis 30 Prozent der FTD-Fälle auf genetische Ursachen zurückzuführen sind. Dabei sind mehrere spezifische Gene identifiziert worden, deren Mutationen zu FTD führen können.
Das MAPT-Gen ist eines der am häufigsten mit FTD in Verbindung gebrachten Gene. Es kodiert für das Tau-Protein, das in den Nervenzellen vorkommt. Mutationen in diesem Gen führen dazu, dass Tau-Proteine abnormal aggregieren und Einschlusskörper in den Zellen bilden. Diese Tau-Ansammlungen stören die normale Funktion der Nervenzellen und führen schließlich zu deren Absterben.
Ein weiteres wichtiges Gen ist das GRN-Gen, das für das Protein Progranulin kodiert. Mutationen in diesem Gen führen zu einer verminderten Produktion von Progranulin, was wiederum zu einer Fehlfunktion eines anderen Proteins, TDP-43, führt. Dieses Protein kann dann ebenfalls Einschlusskörper in den Nervenzellen bilden und deren Funktion beeinträchtigen.
Das C9ORF72-Gen ist ebenfalls von Interesse, da es die häufigste genetische Ursache sowohl für FTD als auch für ALS ist. Das deutet darauf hin, dass diese beiden Erkrankungen ähnliche molekulare Mechanismen teilen könnten.
Genetische Tests können in Familien, in denen FTD gehäuft auftritt, nützlich sein, um das Risiko einer Erkrankung zu bestimmen. Diese Tests können dabei helfen, Mutationen in den genannten Genen zu identifizieren. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle mutierten Gene zwangsläufig zur Entwicklung von FTD führen. Die genaue Ausprägung und das Alter des Krankheitsbeginns können variieren, selbst innerhalb derselben Familie.
Welche Rolle spielt der Lebensstil?
Neben genetischen Faktoren gibt es Hinweise darauf, dass Umwelt- und Lebensstilfaktoren eine Rolle bei der Entstehung der FTD spielen könnten. Es wird vermutet, dass chronische Entzündungen oder Stoffwechselstörungen die Entwicklung der Krankheit begünstigen könnten, obwohl diese Zusammenhänge noch nicht vollständig verstanden sind.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass alkoholbedingte Schäden das Risiko für die Entwicklung von FTD erhöhen könnten. Da Alkohol ein Nervengift ist, kann chronischer Alkoholkonsum zum Absterben von Nervenzellen im Gehirn führen, was das Risiko für die Entwicklung verschiedener Demenzformen, einschließlich FTD, erhöhen kann.
Insgesamt ist die Frontotemporale Demenz eine komplexe Erkrankung, deren Ursachen multifaktoriell und noch nicht vollständig geklärt sind. Die Forschung konzentriert sich weiterhin darauf, die genauen Mechanismen zu verstehen, die zur Entstehung und zum Fortschreiten der FTD führen, um bessere Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Über Sandra Angerer
Sandra Angerer ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin mit Zusatzausbildungen in der Demenz- und Ernährungscoaching. Sie arbeitete rund 10 Jahre in einem Akutkrankenhaus in der Zentralambulanz und Anästhesie. Berufsbegleitend studierte sie Wirtschaft und Management und absolvierte die Sonderausbildung für Führungsaufgaben im Gesundheitswesen. Danach war sie acht Jahre als Pflegedienstleitung in Seniorenheimen tätig und spezialisierte sich mit einem Lehrgang an der Donau-Universität Krems auf das Thema Demenz. Seit 2021 ist sie freiberufliche Pflegefachkraft, erstellt Pflegegeldgutachten, sichert die Qualität in der häuslichen Pflege, berät zu Demenz und coacht Angehörige. Zudem hält sie Vorträge, ist in der Pflegeausbildung tätig und arbeitet als freiberuflicher integrativer Ernährungscoach.
Wichtiger Hinweis: Dies sind nur allgemeine Informationen und nicht zur Selbstdiagnose oder Selbsttherapie gedacht. Sie ersetzen keinesfalls eine fachärztliche Beratung. Bei Beschwerden, Fragen oder Unsicherheiten bezüglich des Themas Frontotemporale Demenz sollten Sie immer eine Ärztin oder einen Arzt konsultieren. Nur eine qualifizierte medizinische Fachkraft kann eine fundierte Diagnose stellen und die geeignete Behandlung für Ihre spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse empfehlen.
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