Darmkrebs-Spezialist appelliert: Vermehrt auch bei Jüngeren – Nehmen Sie diese Darmkrebs-Alarmzeichen ernst
Donnerstag, 12.09.2024, 12:05
Darmkrebs ist tückisch und oft lange unbemerkt. Darmkrebs-Spezialist Jürgen F. Riemann klärt über Symptome, Prävention und die Notwendigkeit der Vorsorge auf.
Welche körperlichen Symptome sind ernst zu nehmende Warnzeichen für Darmkrebs?
- Ungewollte Gewichtsabnahme
- Unregelmäßigkeiten beim Stuhlgang (Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung)
- sichtbares Blut im Stuhl
- anhaltende Schmerzen im Bauchbereich
Alle diese Symptome sind meistens Spätsymptomeda der Darmkrebs zunächst meist völlig symptomlos ist.
Über den Experten Prof. Dr. Jürgen Riemann
Prof. Dr. Jürgen F. Riemann, FACP, absolvierte sein Medizinstudium in Tübingen und Innsbruck und erhielt ein DFG-Stipendium in den USA. Nach seiner Facharztausbildung in Hamburg und Erlangen, wo er sich habilitierte, war er von 1985 bis 2008 Direktor der Medizinischen Klinik C in Ludwigshafen. Gründer der Stiftung Lebensblicke und ehemaliger Vorsitzender der Gastroliga. Er ist Mitglied der Deutschen Krebsstiftung, ausgezeichnet mit mehreren Medaillen und Ehrenmitglied in Fachgesellschaften. Autor von ca. 600 Publikationen und Co-Autor eines Lehrbuchs.
Bei welchen Symptomen sollte man sofort einen Arzt aufsuchen?
Die genannten Symptome treten nicht unbedingt gleichzeitig auf. Häufig ist Blut im Stuhl das erste schwerwiegende Warnzeichen. Blut im Stuhl sollte immer Veranlassung sein, einen Arzt aufzusuchen. Sichtbares Blut im Stuhl sollte auch immer durch eine Darmspiegelung abgeklärt werden!
Aber auch die ungewollte Gewichtsabnahme sowie anhaltende Unregelmäßigkeiten der Verdauung sind ein ernstzunehmender Grund, seinen behandelnden Arzt aufzusuchen. Diese Symptome können natürlich auch durch andere Erkrankungen wie zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen verursacht werden. Daher ist eine fachärztliche Untersuchung dringend anzuraten.
Wie kann man Darmkrebs vorbeugen und welche Rolle spielt dabei die Ernährung?
Bei der Entstehung von Darmkrebs spielen die Lebensgewohnheiten eine ganz wichtige Rolle. Nahrungsmittel, die raffinierte Kohlenhydrate oder hochkalorische Zucker enthalten, sind auf Dauer sehr gefährlich. Sie erzeugen unter anderem Suchtpotenzial. Generell gilt die Faustregel: nicht mehr Kalorien zu sich nehmen als verbraucht werden. Die Ernährung sollte Obst und Gemüse enthalten, die als Ballaststoffe für den Verdauungstrakt unerlässlich sind.
Podcast #Alarm im Darm
Die Stiftung LebensBlicke informiert seit 25 Jahren über aktuelle Möglichkeiten der Darmkrebs-Früherkennung und erweitert nun ihr Informations-Angebot mit einer Audio-Podcast-Reihe. Unter dem Hashtag #Alarm im Darm diskutieren prominente Persönlichkeiten die wichtigsten Fragen rund um die oft lebensrettende Darmkrebs-Prävention und sprechen über persönliche Erfahrungen und Ängste. Als Gesprächspartner sind der Nachrichtensatiriker Oliver Welcherdie Sportjournalistin Kristin Ottodie Bloggerin Susanna Zsoter und Prof. Dr. Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Weitere folgen.
Zu langes tägliches Sitzen ist ein weiterer wichtiger Risikofaktor. Dem wird Vorschub geleistet vor allem bei Menschen, die sitzende Tätigkeiten im Büro verrichten. Abhilfe schaffen regelmäßige Unterbrechungen mit kurzen körperlichen Aktivitäten. Dem Darmkrebs kann man auch durch regelmäßige Bewegung vorbeugen. Dabei ist zum Beispiel etwa mindestens eine halbe Stunde tägliches Laufen sehr hilfreich. Es muss nicht joggen sein. Es kommt vor allem auf die Regelmäßigkeit an.
Extrem wichtig ist auch die Familiengeschichte. Wer in der Familie einen leiblichen Verwandten mit Darmkrebs hat, hat ein höheres Risiko, selbst zu erkranken. Wenn also eine solche familiäre Belastung vorliegt, empfiehlt sich die frühzeitige Information über den Hausarzt oder über einen Gastroenterologen.
Ab welchem Alter und wie oft sollte man zur Darmspiegelung gehen?
Die derzeitige gesetzliche Regelung sieht vor, dass alle Menschen im Alter von 50 Jahren Anspruch auf die Darmkrebsvorsorge haben. Inzwischen laden die gesetzlichen Krankenkassen ihre Versicherten zur Darmkrebsvorsorge ein. Sie besteht neben einem Gespräch mit dem Arzt der Wahl, am besten mit dem Hausarzt, aus regelmäßigen Stuhltests auf nicht sichtbares Blut im Stuhl oder alternativ zweimal im Leben eine Darmspiegelung.
Der Stuhltest sollte bis zum 55. Lebensjahr jährlich, danach alle zwei Jahre durchgeführt werden. Männer können bereits mit 50 Jahren die Darmspiegelung in Anspruch nehmen; für Frauen gilt das ab 55 Jahren. Die Darmspiegelung kann bei unauffälligem Erstbefund nach zehn Jahren wiederholt werden.
Für Menschen mit einer familiären Darmkrebsbelastung gilt ganz allgemein, dass die erste Darmspiegelung zum Beispiel einer Tochter mindestens zehn Jahre vor der Erkrankung ihres Vaters erfolgen sollte, spätestens aber mit 45 Jahren. Die Risikoeinschätzung sollte unbedingt mit einem Facharzt besprochen werden.
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Zeigt Darmkrebs immer auffällige Symptome oder kann er auch unbemerkt bleiben?
Der Darmkrebs zeigt nicht immer auffällige Symptome. Die eingangs beschriebenen Symptome sind nahezu alle Spätsymptome und weisen darauf hin, dass der Darmkrebs dann bereits fortgeschritten ist. Der Schlüssel zur Vorbeugung liegt daher in der Prävention, das heißt in seiner Vermeidung durch angepasste Ernährungsgewohnheiten und reichlich Bewegung (Primärprävention) oder durch die Suche nach Vorstufen, deren Entfernung mit einer dramatischen Verringerung des Darmkrebsrisikos einhergeht (Sekundärpräventon).
Mir ist aus meiner langen Erfahrung kein Patient bekannt, dessen Darmkrebs symptomlos geblieben ist. Es kommt auch auf die korrekte Anamneseerhebung an, um beginnende Symptome richtig einzuordnen. In den letzten Jahren häufen sich Berichte, dass Darmkrebs auch bei Menschen deutlich unter 50 Jahren auftritt. Von daher muss das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass die genannten Spätsymptome auch schon deutlich vor dem 50. Lebensjahr auftreten können. Auch hier gilt: im Zweifel den Arzt aufsuchen!
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