Drei von vier Deutschen nehmen Nahrungsergänzungsmittel. Ein Vitamin ist dabei besonders beliebt. Dabei braucht es in Deutschland eigentlich keiner. Das und mehr erklärt der Ernährungswissenschaftler Martin Smollich.
Vitamin C – auch Ascorbinsäure genannt – gehört, dem Pharmakologen Martin Smollich zufolge, zu den „am meisten überschätzten Vitaminen, was die positive Wirkung angeht“. Kein anderes Vitamin sei „so krass überbewertet und ‚overhyped‘ ist wie Vitamin C“, schreibt der Nährstoff-Experte in seinem aktuellen Buch.
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Wozu brauchen wir Vitamin C?
Der Nährstoff spielt eine Rolle für funktionierenden Stoffwechsel und hat antioxidative Eigenschaften. Beispielsweise baut der Körper mit seiner Hilfe Bindegewebe (Kollagen) auf, heilt Wunden und es unterstützt die Immunabwehr. Auch die Aufnahme von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln läuft mit Vitamin C besser.
Für FOCUS online beantwortet der Ernährungswissenschaftler die wichtigsten Fragen zu Vitamin C:
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Wer hat in Deutschland mit Vitamin-C-Mangel zu kämpfen?
„Kurz gesagt: fast niemand. Die wichtigste Vitamin-C-Mangel-Krankheit ist Skorbut. Die hatten Seeleute vor langer Zeit, als ihnen die Zähne ausgefallen sind, sie Zahnfleischbluten hatten und das Immunsystem zerstört war. Diesen schweren Vitamin-C-Mangel gibt es in Deutschland sehr selten, am häufigsten leider noch bei mangelernährten Menschen in Altenpflegeeinrichtungen.
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Bei einer normalen Ernährung, sogar bei einer schlechten Ernährung, ist ein Mangel in Deutschland ausgeschlossen, weil wir Vitamin C nicht nur in Zitrusfrüchten haben, was jeder weiß, sondern auch in Obst und Gemüse und selbst in Wurst. Hier ist es als Antioxidationsmittel enthalten. Insofern haben wir in Deutschland wirklich keinen Mangel.“
Wer muss wirklich über Vitamin-C-Tabletten ergänzen?
„Genaugenommen niemand. Vitamin-C-Mangel ist auf der einen Seite selten, auf der anderen Seite ist die positive Wirkung von Vitamin C extrem überschätzt. Bei Vitamin C denken alle, das ist wichtig für das Immunsystem. Das stimmt. Aber ohne Mangel hat alles, was jemand zusätzlich einnimmt, praktisch keinen Effekt mehr. Das ist halt Marketing.
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Die Einzigen, die von Vitamin C profitieren, sind diejenigen, die Leistungssport machen – in alpinen Bedingungen, wenn sie zum Beispiel einen Marathon unter 0 Grad laufen.“
Welche Referenzwerte gelten für Vitamin C?
Bereits zehn Milligramm Vitamin C schützen vor der Krankheit Skorbut – schon 100 Gramm Kartoffeln enthalten etwa 15 Milligramm des Vitalstoffs. Die Referenzwerte (empfohlene Zufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, DGE) hängen ab vom Alter und ab dem Jugendalter auch vom Geschlecht.
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Das sind die Referenzwerte der DGE:
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Welche Gefahren drohen bei Überdosierung?
„Als erstes verursacht Ascorbinsäure Bauchschmerzen und Sodbrennen“, wie Martin Smollich erklärt. „Ab mehreren Gramm pro Tag kann es zu Nierenproblemen kommen, wenn die Nieren schon vorgeschädigt sind. Ansonsten sind ersthafte Risken auch in sehr hohen Dosierungen äußerst selten.“
Und schützt Vitamin C nun vor Erkältungen oder hilft, schneller gesund zu werden?
Klare Antwort des Pharmakologen: „Nein. Dazu gibt es inzwischen sehr viele Studien. Einzige Ausnahme sind körperliche Ausnahmebelastungen in großer Kälte.“
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Vitamin C schützt nicht vor Krebs
Hartnäckig hält sich zudem die Erzählung von möglichen krebsschützenden Effekten von Vitamin C, wie Smollich in seinem Buch beschreibt. Der Grund: Der amerikanische Chemiker Linus Pauling ist zweifacher Nobelpreisträger und schlussfolgerte in seinem 1970 veröffentlichten Buch, dass hochdosiertes Vitamin C vor beinahe jeder Krankheit schützen würde – Schizophrenie und Krebs eingeschlossen. Das ist inzwischen längst mit großen Studien widerlegt. Linus Pauling nahm übrigens selbst hochdosiertes Vitamin C ein und starb an Prostatakrebs.
Neuere Studien dazu zeigen ebenfalls: Vitamin C alleine (etwa aus Tabletten) hat keinen Effekt auf das Krebsrisiko – egal, wie hoch die Dosierung ist.