HomeNachrichtVolkswagen-Krise: Diese Werke stehen jetzt auf der Kippe

Volkswagen-Krise: Diese Werke stehen jetzt auf der Kippe

Betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen muss Volkswagen allerdings mit dem Betriebsrat aushandeln. Dieser hat heute bekannt gemacht, dass mindestens drei Werke in Deutschland geschlossen und zudem zehntausende Arbeitsplätze eingespart werden sollen. Bisher beschäftigt VW hierzulande rund 120.000 Menschen an zehn Standorten. Welche genau geschlossen werden sollen, verriet Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo bei einer Informationsveranstaltung für die Beschäftigten am Hauptsitz in Wolfsburg nicht.

Anhand der Aufgaben und früherer Konzernaussagen lässt sich aber abschätzen, wo der Vorstand die Axt ansetzen möchte. Die Standorte sind nach Gefährdung sortiert.

Emden – Produktion – 8000 Beschäftigte: stark gefährdet

Wozu dient der Standort? Emden ist Volkswagens Hauptstandort für Elektroautos in Deutschland. Seit 2020 hat VW für den Umbau des einstigen Passat-Werkes rund eine Milliarde Euro investiert. Heute entstehen hier die Modelle ID.4, ID.7, sowie die beiden Familienautos Passat und Arteon. Das Werk existiert seit 1964.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Der Standort in Emden wurde einst wegen seiner Nähe zur Nordsee für den Export von Autos gebaut. Diese Funktion wäre auch heute noch wichtig. Doch der Markt für Elektroautos schwächelt in Europa in diesem Jahr und die starke chinesische Konkurrenz tut ihr Übriges. Trotz der hohen Investitionen in den Vorjahren soll Emden deswegen weit oben auf der Streichliste des Konzerns stehen. Mehrmals musste in Emden in diesem und den vergangenen Jahren bereits Kurzarbeit angesetzt werden, weil die Geschäfte nicht mehr liefen.

Osnabrück – Produktion – 2300 Beschäftigte: stark gefährdet

Wozu dient der Standort? In Osnabrück fertigt VW Cabrios und Kleinserien wie den Boxster und Cayman für die Konzernschwester Porsche. Die Fabrik in Osnabrück existiert schon seit 1901, war die meiste Zeit aber ein Zulieferer und Auftragsfertiger für VW. Der Konzern übernahm den Standort erst 2009.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Das Schicksal Osnabrücks dürfte bereits besiegelt sein. 2025 läuft hier bereits die Cabrio-Produktion von VW aus, zudem verlor das Werk zuletzt einen wichtigen Auftrag von Porsche. Entsprechend ist Osnabrück auch der einzige Standort, den Betriebsratschefin Cavallo explizit als gefährdet erwähnte.

Salzgitter – Motorenwerk – 7500 Beschäftigte: gefährdet

Wozu dient der Standort? Unweit des Hauptsitzes Wolfsburg steht das größte Motorenwerk des Konzerns. Auch Komponenten für Elektroautos werden hier gebaut. Gleich nebenan entsteht gerade eine Batteriefabrik, die kommendes Jahr ihren Betrieb aufnehmen soll. Ursprünglich entstand das Werk 1970 als Produktionsstandort für das Automodell K70, welches aber nach wenigen Jahren eingestellt und durch das Motorenwerk ersetzt wurde.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Salzgitter gehört zu den drei gefährdeten Komponentenwerken. Da die Batteriefertigung noch nicht einmal eröffnet ist, fällt es schwer zu glauben, dass VW den Standort komplett dicht machen könnte. Möglich ist aber, dass hier bald nur noch Batterien entstehen und die alten Motoren- und Komponentenwerke geschlossen werden. Das würde tausende Mitarbeiter den Arbeitsplatz kosten.

Braunschweig – Komponentenwerk – 7400 Beschäftigte: gefährdet

Wozu dient der Standort? Das heutige Komponentenwerk in Braunschweig ist der älteste VW-Standort in Deutschland. Ursprünglich wurden hier Werkzeuge und Anlagen für die Autoproduktion gebaut, heute sind es zum Beispiel Achsen, Bremsscheiben und Lenksysteme. Seit 2013 fertigt VW hier auch Batteriesysteme für Elektroautos. Von den hier hergestellten Komponenten profitieren alle Marken des VW-Konzerns.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Braunschweig ist einer der drei gefährdeten Komponenten-Standorte. Im Gegensatz zu Salzgitter expandiert Volkswagen hier gerade nicht und Kassel hat den Vorteil des riesigen Ersatzteil-Lagers. Diese Argumente könnten Braunschweig zum ersten Kandidaten für eine Schließung machen.

Baunatal – Komponentenwerk – 16.500 Beschäftigte: leicht gefährdet

Wozu dient der Standort? VW führt das Werk als Standort in Kassel, eigentlich steht es aber im nahen Baunatal. Seit 1958 werden hier verschiedene Fahrzeugkomponenten wie Antriebe, Getriebe, Karosserien, Abgasanlagen und ähnliches gebaut und an die verschiedenen VW-Werke in aller Welt geliefert. Auch die Elektromotoren für Elektroautos entstehen hier. Zudem gibt es ein riesiges Ersatzteillager, von dem nicht nur die Kernmarke Volkswagen, sondern auch Audi, Skoda und Seat profitieren.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Kassel/Baunatal ist das größte von drei Komponentenwerken VWs in Deutschland. Mindestens eines davon soll auf der Streichliste stehen. Unwahrscheinlich, dass es dieses sein wird, weil durch eine Schließung des Ersatzteillagers hier auch andere Konzernmarken in Mitleidenschaft gezogen würden.

Chemnitz – Motorenwerk – 1900 Beschäftigte: wahrscheinlich sicher

Wozu dient der Standort? Das Chemnitzer Motorenwerk wurde 1988 noch zu DDR-Zeiten eröffnet und produzierte zunächst für Marken der sozialistischen Republik. Volkswagen übernahm den Standort kurz nach der Wende. Hier werden seitdem ausschließlich Benzinmotoren für den gesamten Konzern gefertigt.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Auch wenn die reine Fertigung von Benzinmotoren altbacken wirkt, gilt Chemnitz als einer der innovativsten Standorte von VW. Perspektivisch sollten hier auch Elektromotoren oder zumindest Komponenten für Elektroautos gebaut werden. Die Pläne stehen jetzt auf der Kippe, was mit dem Standort Chemnitz geschieht, ist unklar. Aufgrund seiner Auszeichnung für Innovationen und Effizienz geht die Tendenz aber eher dazu, dass VW die Fabriken behält.

Zwickau – Produktion – 10.000 Beschäftigte: wahrscheinlich sicher

Wozu dient der Standort? In Zwickau wurde einst Audi gegründet, zu DDR-Zeiten entstand hier der „Trabi“. VW baute in der ostdeutschen Stadt erst nach der Wende ein Werk. Die Fabriken wurden bis 2020 komplett für Elektromobilität umgebaut, der Konzern ließ sich das 1,2 Milliarden Euro kosten. Es ist VWs größte Elektro-Auto-Werk der Welt und produziert auch für Audi und Skoda.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Das lahmende Geschäft mit Elektroautos erhöht den Druck besonders für die darauf spezialisierten VW-Standorte. Doch Zwickau hat gegenüber seinen internen Konkurrenten den Vorteil, nicht nur für die Kernmarke zu produzieren. Eine Schließung ist deswegen unwahrscheinlich, ein Stellenabbau mit Kündigungen aber nicht.

Dresden – Gläserne Manufaktur – 340 Beschäftigte: wahrscheinlich sicher

Wozu dient der Standort? In Dresden baut Volkswagen derzeit das Elektromodell ID.3. Das ist aber nur zweitrangig, denn wichtiger an dem Produktionsstandort ist, dass VW hier geführte Touren durch eine wortwörtlich gläserne Produktionshalle anbietet. Besucher können also die Autofertigung komplett miterleben. Die Idee dazu hatte der ehemalige Konzernchef Ferdinand Piech selbst. Neben der Produktion ist hier auch die Software-Abteilung und -entwicklung von VW beheimatet.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Der Standort Dresden hat eine Sonderrolle im Volkswagen-Konzern, weswegen seine Zukunft kaum absehbar ist. Die Elektroauto-Produktion geschieht hier mehr zu Showzwecken, denn als ernstzunehmender Produktionsstandort und könnte deswegen geschlossen werden. Die Software-Entwicklung und das Konzept der „gläsernen Manufaktur“ sind aber aus Prestigegründen wichtig. Zudem würde eine komplette Schließung des mit Abstand kleinsten VW-Standortes in Deutschland kaum Geld einsparen.

Wolfsburg – Hauptsitz – 70.000 Beschäftigte: sicher

Wozu dient der Standort? Mehr als die Hälfte der VW-Angestellten in Deutschland arbeiten am Hauptsitz in Wolfsburg. Hier werden unter anderem die Modelle Golf, Tiguan und Touran gefertigt. Die Autowerke gelten als die größte zusammenhängende Autofabrik der Welt mit 6,5 Quadratkilometern Fläche und existieren schon seit 1938. Eine Million Fahrzeuge könnten hier produziert werden, zuletzt lag der Ausstoß aber nur bei rund 500.000.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? Eine Schließung muss der Standort Wolfsburg in keinem Fall befürchten. Hier geht es für Volkswagen schließlich auch um Repräsentation und Prestige. Gut möglich aber, dass VW die Anzahl der Mitarbeiter deutlich reduziert. Wenn der Standort dauerhaft nur halb ausgelastet ist, werden nicht so viele Beschäftigte benötigt. Zudem hatte VW vergangenes Jahr bereits Expansionspläne wie den Bau eines neuen Werkes für Elektroautos abgesagt.

Hannover – Produktion – 14.200 Beschäftigte: sicher

Wozu dient der Standort? Hannover ist nach Wolfsburg der zweitgrößte Produktionsstandort und existiert bereits seit 1956. Hier werden die Vans und Transporter T6, T7 und ID.Buzz, letzter mit Elektroantrieb, gefertigt, zudem auch andere Nutzfahrzeuge wie Busse. Außerdem gibt es ein kleineres Komponentenwerk, in dem zum Beispiel Zylinderköpfe für alle VW-Marken gebaut werden.

Was müssen die Beschäftigten hier befürchten? VW verringert die Belegschaft in Hannover schon seit Jahren. In den vergangenen vier Jahren fielen rund 3000 Jobs weg, bis 2029 sind weitere 2000 angepeilt. Bisher ging das aber ohne Entlassungen. Frei gewordene Stellen werden einfach nicht mehr besetzt. Vor einer Schließung muss Hannover als größtes Werk für Vans und Nutzfahrzeuge keine Angst haben, der Stellenabbau könnte aber mit Kündigungen beschleunigt werden. Besonders das Bus-Werk soll ebenfalls schon länger nicht mehr ausgelastet sein.

Folgen Sie dem Autor auf Facebook

Folgen Sie dem Autor auf Twitter

Source link

LEAVE A REPLY

Please enter your comment!
Please enter your name here

RELATED ARTICLES

Most Popular

Recommended News