Neuheiten bis 2027: VW-Markenchef verrät Pläne für ein neues elektrisches Volks-SUV
Donnerstag, 13.03.2025, 11:28
Volkswagen bringt zwei neue E-Modelle für 20.000 und 25.000 Euro – gebaut werden allerdings beide nicht in Deutschland. Warum das so ist und welche Pläne die Wolfsburger noch haben, um aus der Krise zu kommen.
VW hat derzeit mit gewaltigen Problemen zu kämpfen . Die Geschäfte laufen nicht allein in China wie geplant und die Kosten sind deutlich zu hoch. Dennoch blickt VW-Markenchef Thomas Schäfer optimistisch in die Zukunft und geht davon aus, dass Volkswagen in China genauso erfolgreich sein wird, wie die dortigen Automobilhersteller. FOCUS online hat mit Schäfer über die Pläne von VW gesprochen.
FOCUS online: VW will 2027 mit dem Einstiegsmodell auf den Markt kommen . Ist das nicht zu spät?
Thomas Schäfer: Bei uns bekommt jeder einen echten Volkswagen – mit Design, Innovation, Qualität und Zuverlässigkeit, die 100 Prozent VW sind. Wir bringen unser Einstiegsmodell genau zur richtigen Zeit. Dann, wenn wir technologisch das beste Paket liefern, zum Beispiel in Sachen Batteriekosten und Softwarearchitektur – und dann, wenn in dem Segment genug Menschen dazu bereit sind, ein E-Auto zu fahren.
Selbst asiatische Hersteller halten die 25.000-Euro-Grenze für eine schwer zu unterbietende Schwelle. Wie will VW den Preis von 20.000 Euro realisieren?
Thomas Schäfer: Der Umstieg auf Elektromobilität ist ein Marathon, kein Sprint. Es müssen viele unterschiedliche Faktoren für einen attraktiven Preis in diesem Segment zusammenspielen. Im Volkswagen Konzern haben wir alles, was man zur Entwicklung eines so anspruchsvollen Projektes braucht. Eine riesige Palette von Fahrzeugen.
Zum Erfolg verurteilt: Das ist der neue, kleine Hoffnungsträger für VW
„Wir können teure Technologien in günstigen Fahrzeugen verbauen“
Thomas Schäfer: Wenn wir hochwertige Technologien für alle unsere Fahrzeuge entwickeln, dann wird die Technologie für das einzelne Fahrzeug günstiger. Wir sind in der Lage, teurere Technologien in unseren günstigen Fahrzeugen zu verbauen. Hinzu kommt, wir haben sehr effiziente Werke in unserem Verbund. Das Auto wird ein Auto aus Europa für Europa sein.
Also könnte die ID.1 auch in Deutschland gebaut werden?
Thomas Schäfer: Nein, kleine Fahrzeuge sind kostenseitig immer anspruchsvoller als große, egal ob Elektro oder Verbrenner. Deshalb brauchen wir für ein Einstiegsfahrzeug einen besonders günstigen Standort in Europa.
Wird das 20.000-Euro-Modell ein vollwertiges Auto, das auch eine DC-Ladeleistung über 100 kW bietet, oder nur eine Einstiegsversion, die zum Beispiel nur AC-Laden ermöglicht, wie das beim Renault R5 der Fall ist?
Thomas Schäfer: Ein echter Volkswagen muss mehr bieten als nur einen günstigen Preis. Unsere Kunden erwarten vollen Fokus auf Design, Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit – und genau das wollen wir auch im Einstiegssegment liefern. Mit der Serienversion des ID. Every1 werden wir ein extrem wettbewerbsfähiges Auto anbieten. Konkret: Alle Versionen der Serienversion des ID.Every1 werden über AC- und DC-Laden verfügen.
VW ID.Every1 wird ein reines Stadtfahrzeug
Sie kündigen die Serienversion des ID. 2all für unter 25.000 Euro und des ID. Every1 für rund 20.000 Euro an. Auch wenn es zwei Segmente sind, wie wollen Sie eine Kannibalisierung verhindern?
Thomas Schäfer: Beide Autos sind gut voneinander abgegrenzt, ähnlich wie in der Verbrennerwelt Up und Polo. Während die Serienversion des ID.Every1 primär für den urbanen Einsatzzweck konzipiert ist, wird die Serienversion des ID. 2all ein Auto sein, das zwar so kompakt ist wie ein Polo, aber so viel Platz wie ein Golf und technische Lösungen aus höheren Segmenten bietet.
Ein entscheidender Hebel, um einen konkurrenzfähigen Preis zu realisieren ist die Batterie. Der VW ID.1 ist als Stadtauto konzipiert und wird sicher keine großen Akkus an Bord haben, aber 250 bis 300 Kilometer WLTP-Reichweite sollten es schon sein. Wie drücken Sie die Akku-Kosten? Nutzt VW LFP-Zellen und hofft auf einen sinkenden Zellenpreis?
Thomas Schäfer: Ja, die Serienversion wird LFP-Zellen bekommen. Unsere Kollegen von der Power Co haben einen guten Plan, wie sie die Kosten für Akkus senken werden. Unter anderem durch die Einheitszelle.
Man hört immer wieder, dass die Automobilhersteller von sinkenden Zellenpreisen ausgehen. Ist das nicht ein riskantes Spiel? Produzenten wie CATL dürfte die chinesische Hose näher sein als das europäische Hemd. Auch Verträge bieten keine ultimative Sicherheit.
Thomas Schäfer: Wir sind davon überzeugt, dass unsere gesamthafte Batteriestrategie der richtige Weg ist – auch und gerade in Zeiten von Rahmenbedingungen, die sich schnell ändern können. Wir setzen auf eine Mischung aus zugekauften und selbst hergestellten Batteriezellen.
E-Antrieb ermöglicht größeren Kofferraum als beim Golf
Was zeichnet den „neuen MEB“ neben dem Frontantrieb aus? Ich nehme an günstigere Produktionskosten …
Thomas Schäfer: Der neue MEB bietet ein wirklich gutes Package. So ist der Kofferraum der Serienversion des ID. 2all größer als der des Golf – weil der Antrieb nun vorne ist. Und ja, auch die Kosten spielen natürlich eine Rolle. So müssen wir etwa die Kühlung für den Elektromotor nicht durch das Auto verlegen.
Der ID.1, der mögliche elektrische GTI und der ID.2 sind Teil der Electric Urban Car Family. Welche Modelle kommen noch?
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Thomas Schäfer: Neben der Serienversion des ID. Every1, dem ID. 2all und dem ersten elektrischen GTI auf dieser Basis bringen wir auch noch einen SUV auf der gleichen Basis. Und nicht zu vergessen: Das Projekt ist ein Projekt der Markengruppe Core – da kommen Cupra Raval und Skoda Epiq auch noch dazu.
Es verdichten sich die Anzeichen, dass VW über 2033 Verbrenner verkaufen will. Das ergibt sicher Sinn. Ist die Entscheidung schon gefallen?
Thomas Schäfer: Ob wir aus regulatorischer Sicht in der EU Verbrenner bis 2033 oder 2035 anbieten, ist nicht entscheidend. Wir haben das komplette Portfolio seit dem vergangenen Jahr erneuert, die Modelle können wir, wenn die Kunden das wollen, auch noch zwei Jahre länger anbieten. Entscheidend wird der Weg der Transformation bis dahin sein – und wie er gemanagt wird.
Was erwarten Sie von der Politik, um den Standort Europa und damit auch Volkswagen wettbewerbsfähig zu halten?
Thomas Schäfer: Zunächst einmal begrüßen wir den pragmatischen Ansatz der EU-Kommission – ein starkes Signal für die Industrie! Kein Gramm an CO2-Einsparung geht verloren, und der dreijährige Ausgleichsmechanismus sichert unsere verabredeten Klimaziele. Das ist ein guter Schritt vorwärts, denn unsere Zukunft ist elektrisch. Wichtig für den Standort Europa ist, dass wir gemeinsam den Pfad zu einer wettbewerbsfähigen Industrienation hinbekommen: weg von Strafen und hin zur Förderung.
Nachbarland besteuert Elektroautos: Was uns das in Deutschland bringen würde
„Weg von Strafen und hin zur Förderung“
Ab wann ist Volkwagen wieder wettbewerbsfähig?
Thomas Schäfer: Wir sind voll wettbewerbsfähig und zum Teil auch überlegen – wenn ich mir die aktuellen Testberichte unserer Fahrzeuge anschaue. Wir gewinnen hier sowohl mit den Verbrennern als auch den Elektroautos. So ist der ID.7 das erste und einzige Fahrzeug im renommierten ADAC-Test mit der Note “sehr gut”. Und wir gewinnen Awards, wie etwa das Goldene Lenkrad für den neuen Golf. Aber Volkswagen wäre nicht Volkswagen, wenn wir nicht noch einen Gang hochschalten würden. Ab dem nächsten Jahr gehen wir voll in die Offensive und bringen bis 2027 neun neue Modelle. Bis Ende der Dekade wollen wir wieder ganz vorne sein. Unser Ziel: bis 2030 technisch führender Volumenhersteller.
Muss sich Volkswagen in der sogenannten Brand Group Core von Marken trennen?
Thomas Schäfer: Nein, gerade unsere größte Stärke ist der einzigartige Expertenpool über fünf starke Marken hinweg. Jede Marke hat eine klare Marktposition – schlank gesteuert und hocheffizient genutzt. Ein Beispiel: Wir setzen gezielt auf markenübergreifende Skaleneffekte, erreichen dadurch mehr Effizienz und senken so die Kosten. Wir verstehen uns als Core des Volkswagen Konzerns, das wird auch so bleiben.
Warum Sie jetzt auf keinen Fall ein Elektroauto kaufen sollten
Sich auf China als Hauptabsatzmarkt zu setzen, war sicher ein Fehler. Die Verkäufe dort werden sicher nicht mehr das Top-Niveau erreichen. Auch in anderen Regionen ist der Wettbewerb hart. Die chinesischen Hersteller bringen sich schon in Südostasien in Stellung. Wie wollen Sie VW zukünftig aufstellen, um nicht den Anschluss zu verlieren?
Thomas Schäfer: Die Strategie steht und wird aktuell umgesetzt. In China setzen wir mit „In China für China“ auf starke Partnerschaften und nehmen Geschwindigkeit auf. Das Ziel ist klar: Wir wollen der größte internationale Hersteller in China bleiben. Wir sind in China hochindustrialisiert und gewinnen an Marktanteilen im Verbrennerbereich. Es gibt keinen Grund, dass wir in China nicht genauso erfolgreich sind, wie die chinesischen Hersteller.
Dass die Produktionskosten in Deutschland zu hoch sind, liegt auf der Hand. Das meiste ins Ausland zu verlagern, ist für VW nicht möglich und ein eisenharter Sparkurs nicht zielführend, wie das Beispiel Stellantis zeigt. Was sind Ihre Pläne?
Thomas Schäfer: Wir haben im vergangenen Jahr mit Gewerkschaft und Betriebsrat ein tragfähiges und nachhaltiges Ergebnis erzielt, um die Kosten auch in den deutschen Werken auf ein vernünftiges Niveau zu senken. Wir wollen den Beweis antreten, dass man auch in Deutschland wettbewerbsfähig Autos bauen kann.