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    Wagenknecht kritisiert Koalitionsvertrag: Nur ein „politischer Wackelpudding“

    Berlin. Kaum ist der Koalitionsvertrag verhandelt, diskutieren Union und SPD über die Auslegung. Ganz wichtig sind zwei kleine Wörter.

    BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht muss an „politischen Wackelpudding“ denken, wenn sie durch den Koalitionsvertrag von Union und SPD blättert. Auch ein Ausspruch des berühmten Entdeckers und Naturforschers Alexander von Humboldt kommt einem in den Sinn. „Der Mensch muss das Gute und Große wollen, das Übrige hängt vom Schicksal ab“, hinterließ der rastlose Weltreisende als Gedanke der Nachwelt. In Bezug auf die künftige Koalition müsste es allerdings heißen: „Das Übrige hängt vom Geld ab.“

    Denn: Alle Pläne, Vorhaben und Versprechen in dem 144-seitigen Regierungsprogramm stehen „unter Finanzierungsvorbehalt“ – so ist es auf Seite 51 ausdrücklich festgehalten. Heißt konkret: Wenn wir das Geld nicht haben, ist alles anders. Insofern ist der Koalitionsvertrag nicht mehr als eine Absichtserklärung. Das ist im Grunde nichts Neues, schließlich haben die Verhandlungsparteien keine Glaskugel, wenn sie ihre Vorhaben für die kommenden vier Jahre verabreden.

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    SPD-Parteichef Lars Klingbeil betonte daher auch ausdrücklich bei der Präsentation der Vereinbarung am vergangenen Mittwoch den Unterschied zwischen „wollen“ und „werden“: „Wir werden“ sei nur in wenigen Punkten versprochen worden, „und bei einigen steht ‚wir wollen‘, und das heißt, wir nehmen es uns vor, aber ob es finanziert werden kann, das muss am Ende geprüft werden“, warnte Klingbeil, der als Vizekanzler und Finanzminister gehandelt wird. Als Chef des Finanzressorts müsste er allen an der Koalition Beteiligten und natürlich den Bürgerinnen und Bürgern auch unangenehme Botschaften überbringen, wenn das Geld nicht reicht für die diversen Wahlversprechen.

    Union und SPD versprechen eine Senkung der Einkommensteuer – oder doch nicht?

    Im Fall von Union und SPD ist aber auffällig, wie früh der Kanzler im Wartestand, Friedrich Merz, Erwartungsmanagement betreibt – vor allem im Hinblick auf Wünsche der Sozialdemokraten, deren Mitglieder erst ab Dienstag über die Neuauflage einer Koalition mit CDU und CSU abstimmen. Ihr Votum entscheidet darüber, ob sich der CDU-Chef, wie von ihm geplant, am 6. Mai im Bundestag zum Kanzler wählen lassen kann.

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    „Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken“, heißt es zwar ausdrücklich im Koalitionsvertrag. Diese Vereinbarung sei aber „nicht fix“, betonte Merz nun am Wochenende in der „Bild“. „Die Einkommensteuer, die wollen wir senken, wenn es der öffentliche Haushalt hergibt.“ Im Koalitionsvertrag heißt es „werden“, Merz spricht von „wollen“. Da scheint Ärger vorprogrammiert.

    Die SPD-Spitze machte ihrerseits schon einmal deutlich, welche Bedeutung sie der Steuersenkung beimisst. „Wer hart arbeitet, soll spürbar entlastet werden“, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dieser Redaktion. Deshalb sei im Koalitionsvertrag vereinbart, die Einkommensteuerreform 2027 umzusetzen. „Natürlich steht das, wie alle Vorhaben, unter Finanzierungsvorbehalt“, räumte Miersch ein. „CDU/CSU wissen aber, wie wichtig uns dieser Punkt ist.“

    Merz drohte der SPD mit Abbruch der Koalitionsverhandlungen

    Das Thema Steuern gehörte während der Koalitionsverhandlungen zu den härtesten Nüssen, die die Spitzen von CDU, CSU und SPD zu knacken hatten. Die SPD will Vermögende stärker belasten und Menschen mit weniger Geld helfen. Die Union hingegen will die Steuern auch für Reiche und Unternehmen senken. Merz verriet am Wochenende, dass er wegen des Streits mit einem Abbruch der Verhandlungen gedroht hatte. „Einen Koalitionsvertrag mit Steuererhöhungen, den könnt ihr machen“, habe er der SPD gesagt, berichtete Merz im „Handelsblatt“. „Aber meine Unterschrift wird er dann nicht bekommen.“

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    Koalitionsverhandlungen von Union und SPD abgeschlossen

    Grünen-Chef Felix Banaszak wirft Union und SPD angesichts der offenen Fragen im Koalitionsvertrag Planlosigkeit vor. „Man muss sich ernsthaft fragen, was diese Vereinbarung eigentlich wert ist, wenn sie jeder schon für sich selbst interpretiert, bevor sie überhaupt beschlossen ist“, sagte Banaszak dieser Redaktion. „Was sich von Beginn an abgezeichnet hat, bestätigt sich jeden Tag aufs Neue: Schwarz-Rot hat keinen Plan für unser Land und macht da weiter, wo sie damals als noch große Koalition aufgehört haben.“ Banaszak erwartet Streit in der Koalition: „Da helfen auch keine Handreichungen, die das Rätsel um die ganzen ‚Werden‘ und ‚Wollen‘ im Koalitionsvertrag zu lösen versuchen.“

    Wagenknecht zum Koalitionsvertrag: Kein Verlass für Bürger, keine Sicherheit für Unternehmen

    Auch BSW-Parteichefin Wagenknecht kritisiert die Vereinbarung. „Nichts ist wirklich verbindlich, kein Verlass für Bürger, keine Planungssicherheit für Unternehmen“, sagte Wagenknecht dieser Redaktion. Da alles unter Finanzierungsvorbehalt stehe, habe sich Schwarz-Rot letztlich auf gar nichts geeinigt. „Der Koalitionsvertrag ist politischer Wackelpudding.“

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    Koalitionsverhandlungen von Union und SPD abgeschlossen

    Wagenknecht verweist neben der Steuerdebatte auf Merz‘ Äußerungen zum Mindestlohn. Auf Druck der SPD wird im Koalitionsvertrag als Hoffnung ausgegeben, dass im Jahr 2026 der Mindestlohn auf 15 Euro steigt. Dies könne möglicherweise erst ein Jahr später erreicht werden, betrieb Merz auch hier Erwartungsmanagement. „Dass Friedrich Merz jetzt ausgerechnet Maßnahmen zugunsten kleiner Einkommen infrage gestellt, überrascht nicht“, sagte Wagenknecht. Da auch die Sozialbeiträge noch weiter steigen könnten, „droht die untere Einkommenshälfte die klare Verliererin unter Schwarz-Rot zu werden“.

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