Bei meinen Auftritten als Key-Note-Speaker auf Kongressen, Jahrestagungen oder Fortbildungen zum Thema „gesunde Ernährung“ starte ich immer gerne mit einem interaktiven Teil: Ich frage die Teilnehmer zuerst, wer heute gefrühstückt hat. Meistens melden sich etwas mehr als die Hälfte.
Dann frage ich, wer heute früh nichts gegessen hat – und die andere Hälfte meldet sich. Danach blende ich mein erstes Präsentationsslide ein, indem zahlreiche Medienberichte namhafter Zeitschriften, Zeitungen, TV- und Radiosendungen zu lesen sind, deren Headlines unisono unmissverständlich klar machen: „Frühstücken ist gesund!“. Alle Teilnehmer, deren Hand bei der einleitenden Frühstückfrage hoch ging, freuen sich. Die anderen schauen nachdenklich verdutzt. Doch das ändert sich schnell. Denn auf meiner zweiten Folie folgen erneut zahlreiche Medienberichte – die dieses Mal jedoch genau das Gegenteil behaupten: „Frühstück ohne Einfluss auf Gesundheit und Gewicht“. Jetzt lächelt auch die Gruppe all derer, die morgens nichts essen.
Auf Folie drei folgt anschließend die abschließende Aussage eines Artikels aus der „Ärzte-Zeitung“, die es klar auf den Punkt bringt: „Unklare Studienlage: Frühstück oder kein Frühstück, das ist hier die Frage. Studien zum Einfluss des Frühstücks auf die Gesundheit kommen zu unterschiedlichen, zum Teil widersprüchlichen Ergebnissen. Schützt das tägliche Frühstück nun vor Übergewicht und Krankheiten? Eine eindeutige Frage darauf gibt es bislang nicht.“
Diese Feststellung ist bereits zehn Jahre alt – und sie gilt bis heute noch immer, unverändert. Damit ist die Frühstücksfrage ein Paradebeispiel des ökotrophologischen (ernährungswissenschaftlichen) Universalcredos: „Nichts Genaues weiß man nicht!“. Und das liegt daran: Im Bereich der Ernährungsforschung gibt es aus zahlreichen nachvollziehbaren Gründen keine Beweise für gesunde Ernährung – und damit weiß auch niemand, wie gesund frühstücken ist.
Was ist die wichtigste Mahlzeit des Tages?
Damit ist auch klar, dass die vermeintliche Binsenwahrheit „Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages“ nicht mehr als ein Mythos ist. Die wichtigste Mahlzeit des Tages ist immer die, die persönlich für einen am wichtigsten ist – egal ob morgens, mittags, abends oder zwischendrin.
Denn wie „wichtig“ ein Essen ist, das hängt vom hochkomplexen Zusammenspiel zahlreicher individueller Lebensstilfaktoren, Gene, Stoffwechsel und der Chronobiologie ab. Gerade letzteres ist hier relevant: Bin ich eher Morgenmensch oder blühe ich abends erst so richtig auf? Also die klassische Frage nach Lerche oder Eule. Die Eule steht dabei metaphorisch für Menschen, die gerne spät ins Bett gehen und am liebsten lange schlafen – diese Menschen haben normalerweise morgens wenig bis keinen Hunger. Lerchen hingegen sind die Frühaufsteher – zack wach und direkt voll leistungsfähig, aber auch früher müde. Lerchentypen haben meistens bereits früh Hunger und essen demnach gerne morgens – weil es die Chronobiologie des eigenen Körpers, der individuelle Stoffwechsel so will.
Und nur der entscheidet idealerweise, wann der beste Zeitpunkt zum Essen ist. Ergo gilt: Wer morgens keinen Hunger hat, der muss und sollte auch nichts essen – vorausgesetzt, die freie Esszeitwahl passt in sein Lebenskonzept, das heißt man genießt die Flexibilität und Freiheit zu essen, wann man möchte. Stellt sich nun noch die Frage…
Was ist das gesündeste Frühstück der Welt?
Fangen wir mit den Eulen an, die morgens keinen Hunger haben: Deren gesündestes Frühstück ist schnell aufgetischt: Nichts! Denn wer in der Früh´ keinen Hunger verspürt, der fühlt sich am wohlsten, wenn er morgens auch nichts isst. Persönliche Anekdote: Dazu gehöre ich. Mein Frühstück besteht aus fünf bis sieben Tassen Café Crema. Der Hunger meldet sich erst mittags, dann wird lecker gegessen.
Bei den Lerchen gilt folgendes: Da weder Beweise für gesunde Ernährung noch für ungesunde oder gesunde Lebensmittel vorliegen, gilt: Es gibt so viele gesunde Frühstücke, wie es Menschen gibt, denn jeder Mensch is(s)t anders.
Gehören Sie zu den Lerchen, dann frühstücken Sie so, dass es Ihnen richtig gut schmeckt und sie zufrieden gesättigt und kulinarisch gut gelaunt in den Tag starten. Ob Sie dabei herzhaft speisen oder süß oder gemischt und wieviel wovon – das obliegt ganz ihren Vorlieben und Abneigungen. Auch was Sie essen, entscheiden Sie, egal wie unkonventionell es auch sein mag: Sie essen morgens beispielsweise gerne heiße scharfe Suppen? Dann löffeln Sie! Es gibt keine „Regel“ und schon gar keine Beweise, das morgens Müsli oder Brot mit was-auch-immer gegessen werden soll. Das ist einfach pure Gewohnheit.
Versuchen Sie den kulinarischen Neustart!
Falls Sie sich sowieso schon länger fragen: „Warum esse sich eigentlich morgens immer meine belegten Brötchen, obwohl ich lieber eine heiße Nudelsuppe essen würde“ – dann brechen Sie mit Ihren alten Routinen und starten Sie kulinarisch neu durch und ab sofort „neo-lukullisch“ in den Tag! Ihr Körper wird es Ihnen mit guter Laune danken, wenn Sie bereits morgens genau das essen, worauf Sie richtig Hunger und vor allem Lust haben: Das wohlige Stöhnen aus der Tiefe des Bauches lässt keinen kalt. Probieren Sie es aus.
